The Ipcress File [SE]
Cover

16.02.2006 #365

Re-Write vom 10.11.2008
von Guido Bibra

Titel The Ipcress File
Studio Lowndes Productions / The Rank Film Organisation (1965)
Hersteller Network (2006)
DVD-Typ 9&5 (6,11 & 4,01 GB) Bitrate ø 7,95 max. 9,9
Laufzeit 103:08 Minuten Kapitel 12
Regionalcode 2 (England) Case Scanavo Doppel tr.
Fernsehnorm PAL
Bildformat 2.35:1 16:9 yes
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Mono 192 kbit/s Englisch, Kommentar
Untertitel Keine
Freigabe BBFC PG
Extras • Commentary with Director Sidney Furie and Film Editor Peter Hunt
• New Exclusive Interview with Sir Michael Caine
• New Exklusive Interview with Production Designer Sir Ken Adam
• “The Ipcress File – Michael Caine goes Stella” Exclusive new comedy sketch starring Phil Cornwell
• 1969 Documentary “Candid Cane” 44:20 London Weekend Television
• Original US Radio Commercials
• Stills Gallery

Der Film

Harry Palmer ist ein kleiner Agent unter vielen und von seinem Job nicht besonders begeistert. Als er von langweiligen, aber ungefährlichen Routine-Aufgaben auf das Verschwinden von britischen Wissenschaftlern, die gehirngewaschen wieder auftauchen, angesetzt wird, macht er sich keine großen Hoffnungen viel herauszufinden. Dann stößt er auf ein Tonbandschnipsel mit der mysteriösen Beschriftung Ipcress, und bald überschlagen sich die Ereignisse und Palmer weiß nicht mehr wem er wirklich trauen kann...

Als 1962 der erste James Bond-Film in die Kinos kam, hatte Len Deighton im Fahrwasser der allgemeinen Spionage-Welle sein erstes Buch The Ipcress File veröffentlicht, das schnell zu einem erfolgreichen Bestseller wurde. Von seinen Kritikern wurde der Autor als ein neuer Ian Fleming gefeiert, und die Bond-Produzenten Albert R. Broccoli und Harry Saltzman wurden auf den jungen Autor aufmerksam. Sie heuerten ihn als ersten Drehbuchautor für ihre neue Fleming-Verfilmung From Russia with Love an, aber sie waren mit seinem Stil nicht zufrieden und ersetzten ihn schnell durch andere Autoren.

Palmer, Harry Palmer.

Harry Saltzman hatte jedoch Len Deightons ungewöhnlichen Spionagethriller mit dem namenlosen Antihelden nicht vergessen und erwarb die Filmrechte an The Ipcress File und dessen Fortsetzungen. Eine Verfilmung ließ allerdings noch auf sich warten, da sich Saltzman zusammen mit seinem Partner Albert Broccoli erst einmal auf die James Bond-Reihe konzentrieren wollte. Nach dem großen Erfolg der ersten drei Filme sah Saltzman aber die Chance, eine Alternative zu Ian Flemings Geheimagent auf die Leinwand zu bringen – jemand, der fast dessen Gegenteil war und eine Art Spion repräsentierte, die zuvor noch nie so im Kino zu sehen war.

Len Deightons Agent mit James Bond zu vergleichen liegt natürlich auf der Hand, aber die beiden Charaktere könnten nicht verschiedener sein: Bond ist Geheimagent mit Leib und Seele und würde sich für Queen and Country auch in Stücke reißen lassen. Deightons namenloser Spion, der erst in den Filmen den notwendigen Namen Harry Palmer erhielt, ist aber nur ein kleiner Arbeiter, der von seinen Vorgesetzten für ersetzbar und überflüssig gehalten wird, seine Aufträge nie freiwillig macht und erst recht keinen Spaß an seiner Arbeit hat. Er hat aber keine andere Wahl, denn man hat ihn wegen Schwarzmarktgeschäften während des Kriegs am Wickel und sein Vorgesetzter ist eigentlich nicht der Geheimdienst, sondern das Kriegsministerium.

Harry Palmer sollte kein glorreicher Spion sein, sondern ein desillusionierter Soldat, der als unfreiwilliger Agent seine Strafe abarbeiten muß um schlimmeren zu entgehen. Dennoch ist er kein Schwerverbrecher und hat einen hohen Gerechtigkeitssinn, aber letztendlich geht es ihm auch nur darum wieviel er am Anfang des Monats auf seinem Konto hat - schließlich muß auch ein Geheimagent irgendwie leben, besonders wenn er um jede kleinste Spesenausgabe bei seinen Vorgesetzten betteln muß. Trotz seiner kleinen Wohnung und seinem bescheidenen Privatleben hat Palmer durchaus hohe persönliche Ansprüche - seine Vorliebe zum Kochen, zur klassischen Musik und zu schönen Frauen erinnern ein wenig an Johannes Mario Simmels Thomas Lieven, der auch einer der wenigen unfreiwilligen Agenten der Spionage-Literatur ist.

Das Gesicht des Agenten

Ursprünglich wollte Harry Saltzman die Hauptrolle von The Ipcress File mit Christopher Plummer besetzen, der sich aber nicht mit einem Vertrag über fünf Filme für ein ungewisses Projekt anfreunden konnte und lieber zusammen mit Julie Andrews im Musical The Sound of Musicvor der Kamera stehen wollte. Auch Richard Harris lehnte ab, stattdessen mußte sich Saltzman nach anderen jungen Schauspielern umsehen und stieß auf Michael Caine, der sich schon seit den fünfziger Jahren als Schauspieler im Theater und in Film-Nebenrollen durchgeschlagen hatte und noch auf seinen großen Durchbruch wartete. Harry Saltzman nahm den Schauspieler unter Vertrag und versprach ihm, ihn zu einem zweiten James Bond zu machen - allerdings auf eine völlig andere Weise.

Michael Caine erwies sich als ideale Besetzung für den lakonischen Agenten, den er auf eine sehr zurückhaltende, natürliche und etwas satirische Weise spielte und damit Len Deightons Buchvorlage erstaunlich nah kam. Außerdem konnte der Schauspieler durchsetzen, daß er seine Brille im Film tragen durfte, so daß er sie später einfach absetzen konnte und damit nicht auf seine Agenten-Rolle festgelegt war. Kurzsichtigkeit und ein Allerwelts-Auftreten waren aber nicht die einzigen Markenzeichen von Harry Palmer, sondern auch der trockene und bittere Zynismus der Romanvorlage, die Michael Caine trotz seines relativ zurückhaltenden Auftritts perfekt auf die Leinwand zu bringen wußte.

Freunde, Feinde und Liebschaften


Michael Caine wurde von einer hervorragenden Schauspieler-Riege unterstützt, die allerdings genauso wie er damals keine großen Stars waren. Der größte Name in der Besetzungsliste war der britische Charakterdarsteller Nigel Green, der Harry Palmers neuen Vorgesetzten Major Dalby mit einer urbritischen, militärischen Steifheit spielt und ihn damit nicht gerade zu einem der sympathischsten Charaktere des Films macht. Es war nicht das erste Mal, daß Nigel Green zusammen mit Michael Caine vor der Kamera stand, denn die beiden Schauspieler waren schon ein Jahr zuvor gemeinsam in Cy Colemans Afrika-Kriegsdrama Zulu aufgetreten. Der vielbeschäftigte Schauspieler konnte in The Ipcress File seine Fähigkeiten hervorragend unter Beweis stellen und aus Major Dalby einen erinnerungswürdigen Unsympathen machen.

Für die Rolle von Palmers altem Chef Colonel Ross konnte Harry Saltzman den neuseeländischen Schauspieler Guy Doleman gewinnen, den er zuvor schon für eine kleine Nebenrolle im vierten Bond-Film Thunderball engagiert hatte. Sein Auftritt in The Ipcress File ist dagegen viel ausgedehnter, wodurch Doleman die Gelegenheit hat, ähnlich wie sein Kollege Nigel Green eine typisch britische Reserviertheit ausführlich zu demonstrieren. Allerdings ist Colonel Ross bei weitem nicht so unsympathisch wie Major Dalby und erinnert mit seiner trockenen Art und seinem Wohlwollen gegenüber dem aufmümpfigen Harry Palmer nicht zuletzt auch ein wenig an James Bonds Vorgesetzten M.

Len Deighton hatte schon aus der Romanvorlage keine reine Männersache gemacht und einen ungewöhnliche weibliche Nebenfigur in die Romanvorlage eingebaut, die auch in der Verfilmung eine kleine, aber wichtige Rolle spielt: Harry Palmers neue Kollegin Jean, die im Film sehr reserviert, kühl und undurchsichtig von der relativ unbekannten Schauspielerin Sue Lloyd dargestellt wird. Mit den glamourösen Girls der James-Bond-Filme hat sie nur wenig zu tun und wirkt sogar mehr wie eine strikte Miss Moneypenny als ein aufreizende Agenten-Gespielin, aber dafür entspricht sie ganz und gar nicht dem üblichen Stereotyp und kann auch mit Intelligenz und nicht nur mit Aussehen überzeugen.

Der Herr des Chaos

Als Regisseur suchte sich Harry Saltzman den jungen Kanadier Sidney J. Furie aus, wünschte sich aber bald, jemand anderen gefunden zu haben: der Produzent war vom scheinbar chaotischen Arbeitsstil seines Regisseurs entsetzt. Schnell entbrannte ein Kampf zwischen dem tempramentvollen Saltzman und Furie, der beinahe vor den Wutausbrüchen des Produzenten reißaus genommen hätte und nur durch die Überzeugungsarbeit von Crew und Schauspielern wieder zurückgeholt werden konnte. Sidney J. Furie machte trotz des Ärgers weiter und setzte seine unkonventionellen Methoden durch, auch wenn es Harry Saltzman nicht gefiel.

Zusammen mit dem Kamera-Veteran Otto Heller erschuf Sidney J. Furie einen ungewöhnlichen visuellen Stil. Die Kamera zeigte das Geschehen aus oft abenteuerlichen Winkeln und der Blick des breiten Techniscope-Bilds wird oft durch Gegenstände verdeckt, was den beunruhigenden Eindruck des heimlichen Beobachtens erzeugt. Die ungewöhnliche Bildkomposition wirkt auf den ersten Blick seltsam, funktioniert aber als erzählerischer Trick wundervoll und gibt dem Film ein ganz eigenes Aussehen, das später gerne von vielen kopiert, aber nie so effektvoll wie in The Ipcress File eingesetzt wurde.

Das umgekrempelte Buch


Die Drehbuchadaption von Bill Canavay und James Doran mußte natürlich einiges von der sehr detailreichen und ausführlichen Romanvorlage streichen, von der nur ein paar grundlegende Ideen übernommen wurden - die Charaktere und die düstere Stimmung blieben jedoch weitgehend intakt. Auf ein Voiceover als Umsetzung des Ich-Erzählers wurde verzichtet, weil die Unmengen von Text zuviel für ein Filmdrehbuch gewesen wären und ein laufender Kommentar die Atmosphäre des Films zerstört hätte - kompensiert wurde dies aber stattdessen mit überdurchschnittlich viel Dialogen. Im Gegensatz zum Buch findet die Handlung komplett in London statt, was offenbar eine Entscheidung aus rein ökonomischen Gründen war, die aber in enger Zusammenarbeit mit Len Deighton geschah. Dadurch gelang die Umsetzung der Idee erstaunlich gut und konnte trotz der massiven Abweichungen zu der ursprünglichen Geschichte sehr vorlagengetreu bleiben.

Der Plot ist jedoch sehr komplex geblieben und hat mit den anderen Filmen des Genres, die meist um Actionszenen herum konstruiert wurden, kaum Gemeinsamkeiten. Auf ein großes Spektakel wartet man in The Ipcress File weitgehend umsonst, aber dennoch hat die Handlung erstaunlich viel Inhalt zu bieten. Überdurchschnittlich viel Dialog und sehr wenig klassische Actionfilm-Handung machen aus The Ipcress File einen regelrecht intellektuellen Film, denn wer hier sein Gehirn auch nur fünf Minuten abschaltet oder kurz verschwindet, verpaßt bei der enormen Handlungsdichte sofort den Anschluß. Der Plot ist wie ein komplexes Puzzle - zu Beginn machen die Einzelteile kaum einen Sinn, erst im Laufe des Films wird deren Bedeutung langsam klar.

London à la Deighton

Statt in aufwendigen Studiosets wurde The Ipcress File hauptsächlich an Originalschauplätzen in London gedreht. Es wurde jedoch nicht das bunte Swinging London der sechziger Jahre in Szene gesetzt, sondern eine graue, verregnete Großstadt, die nicht besonders einladend aussieht, aber dafür einen umso authentischeren Eindruck macht. Dadurch ist die Szenerie des Films auch ein wertvolles Zeitdokument, das eine Seite der britischen Hauptstadt aus der Mitte der sechziger Jahre zeigt, die auf der Kinoleinwand nicht oft zu sehen ist. Erreicht hatten Sidney J. Furie und Kameramann Otto Heller dies, indem sie die Stadt nicht aus der aufregenden Perspektive eines Touristen, sondern aus der alltäglichen Sicht eines Einheimischen.

Für das Produktionsdesign war Ken Adam verantwortlich, der sich zuvor mit den gigantischen Sets der Bond-Filme einen Namen gemacht hatte und Harry Saltzmans erste Wahl für The Ipcress File war. Seine ausgefallenen Konstruktionen waren jedoch diesmal weniger gefragt, denn es galt eine ganz und gar gewöhnliche Kulisse zu konstruieren. Zwar wurden einige Szenen in den Pinewood Studios in Szene gesetzt, aber der größte Teil der Innenaufnahmen wurde in einem zum Studio umfunktionierten Londoner Wohnhaus gedreht, das gleichzeitig auch als Kantine, Büro und viele andere Produktionsabteilungen verwendet wurde. Ken Adam sorgte dafür, daß die Kulissen ein völlig realistisches Aussehen bekamen, das gerade durch die Unauffälligkeit ein Meisterstück ist.

Der Klang des Verrats

Neben Editor Peter Hunt hatte Produzent Harry Saltzman auch noch einen weiteren unverzichtbaren Mitarbeiter aus dem Stab der Bond-Filme ausgeliehen: Komponist John Barry, der den Filmen einen unverwechselbaren Sound gegeben hatte. Für The Ipcress File blieb er seinem Stil zwar weitgehend treu, zeigte aber seine Wandlungsfähigkeit und schrieb eine sehr ungewöhnliche Titelmusik. Statt einem krachenden Titelsong wird der Vorspann von einer leisen, melancholischen Melodie begleitet, die die düstere und mysteriöse Stimmung des Films hervorragend zum Ausdruck bringt.

Den ganz besonderen Klang seiner Filmmusik erreichte John Barry diesmal nicht nur mit seinen charakteristischen Bläsersätzen oder einem elektrisierenden Gitarrensolo, sondern hauptsächlich mit dem Cimbalom, einem Dulcimer-ähnlichen Saiteninstrument, das in The Ipcress File so effektiv wie in keiner anderen Filmmusik zum Einsatz kommt. Die darauf gespielte Titelmelodie ist fast das einzige Thema des Films, das in vielen verschiedenen Arrangements zu hören ist, die zwar nicht alle das seltene Instrument als Solostimme verwenden, aber durchgängig eine genauso ungewöhnliche rhythmische Begleitung aus Vibraphon, Querflöte und nur sehr sparsam eingesetzten Blechbläsern verwenden. Mit der ungewöhnlichen Instrumentierung hat John Barry aus einfachen Melodien eine beeindruckend innovative Filmmusik geschaffen

Ein Geheimtip

The Ipcress File hätte zu einer ernsthaften Konkurrenz der James Bond-Filme werden können, aber die intelligente Art des Films mit den zahlreichen Dialogen und der komplexen Handlung war nicht wirklich tauglich für das Massenpublikum. Dadurch blieb der ganz große Erfolg aus, aber dennoch konnte The Ipcress File ein ganz ansehnliches Stammpublikum gewinnen und auch die Kritiker waren von der ungewohnt anspruchsvollen Kinounterhaltung durchweg begeistert. Immerhin hatte Harry Palmers erstes Abenteuer mit Funeral in Berlin und The Billion Dollar Brain noch zwei Nachfolger, die zwar auch keine wirklich großen Erfolge waren, aber zu den besten Agentenfilmen der sechziger Jahre gehören und heute einen guten Ruf als echte Klassiker genießen.

Für Michael Caine bedeutete der Film den Start einer langen und bis heute anhaltenden Schauspiel-Karriere. Kaum jemand kann sich aber noch daran erinnern, daß der heutige Charakter-Darsteller einst als kleiner Geheimagent Harry Palmer anfing. Der Bekanntheitsgrad von The Ipcress File, in Deutschland unter dem relativ akkurat übersetzten Titel Ipcress - Streng Geheim bekannt, hält sich in Grenzen und wird von der Konkurrenz, hauptsächlich natürlich dem Bond-Franchise, sehr stark überschattet. Wenn man aber die andere, realistischere Seite des Genres schätzt, bleiben nur John LeCarré und natürlich Len Deighton übrig, von denen The Ipcress File eine der allerbesten Verfilmungen ist.


Die DVD

The Ipcress File wurde bereits 1999 von Anchor Bay in den USA als DVD veröffentlicht, aber leider ist diese Disc schon seit langem out-of-print - das ist sehr schade, da sie einen hervorragenden Audiokommentar mit Regisseur Sidney J. Furie und dem mittlerweile verstorbenen Editor Peter Hunt enthielt. 2003 veröffentlichte Koch Media den Film in Deutschland in sehr guter Qualität, allerdings ohne die Kommentarspur. Bis dahin war die deutsche DVD die einzige Möglichkeit, den Film im Originalformat und mit Originalton zu bekommen, denn die bisherige englische DVD hatte nur ein beschnittenes Pan&Scan-Bildformat.

Als 2005 das englische Studio Network eine neue DVD von The Ipcress File als "Special Edition" ankündigte, war bis kurz vor der Veröffentlichung nicht sicher, was sich wirklich darunter verbergen würde - letztendlich stellte sich aber heraus, daß es die beste DVD des Films wurde. Außer einem Transfer, der auf dem gleichen restaurierten Master der Koch-DVD basiert, enthält die Network-Ausgabe den Audiokommentar der verschollenen amerikanischen DVD und auf einer zweiten Disc eine slide Sammlung an Bonusmaterial. Es gibt auch eine Deluxe-Version, die neben dem 2-DVD-Set auch eine Printausgabe von Len Deightons Romanvorlage und die Soundtrack-CD enthält - allerdings zum doppelten Preis der normalen DVD. Diese ist aber auch hervorragend gelungen, wenn man von dem seltsam minimalistischen Coverdesign absieht.

Bild

Der Transfer dieser DVD basiert auf dem gleichen Master, das schon 2003 für die deutsche DVD verwendet wurde. Network hat den Transfer fast unverändert übernommen, lediglich der Schärfefilter wurde etwas zurückgeschraubt und die Original-Titelsequenz verwendet. Die Bildqualität ist den Umständen entsprechend sehr gut gelungen, die einzigen Einschränkungen ergeben sich durch das verwendete Filmformat.

The Ipcress File wurde in Techniscope gedreht, das ähnlich wie beim heutigen Super35-Format ein kleineres Filmbild als normaler Panavision-Scopefilm verwendet und daher eine höhere Körnigkeit und eine nicht ganz so gute Bildqualität hat. Techniscope war jedoch nicht nur aus Kostengründen in den sechziger Jahren bei vielen Regisseuren beliebt, sondern auch weil normale sphärische Linsen verwendet werden konnten, mit denen Bildkompositionen möglich waren, die mit anamorphen Linsen nur schwer oder gar nicht machbar gewesen wären.

Die Filmvorlage dieser DVD wurde sehr gut gereinigt, denn es sind weder Schmutz noch Beschädigungen sichtbar. Die sehr starke Körnigkeit des Filmmaterials wurde dagegen aber nicht angetastet und ist ständig sichtbar, wirkt jedoch nicht störend und gibt dem Bild eine angenehme, filmähnliche Textur. Weil kein Rauschfilter eingesetzt wurde, ist die Schärfe trotz Techniscope erstaunlich gut und kann zwar nicht an einen aktuellen Panavision-Film herankommen, macht aber einen sehr zufriedenstellenden Eindruck. Das Bild ist relativ stabil, allerdings macht sich manchmal ein leichtes horizontales Wabern bemerkbar, daß jedoch nur bei genauer Betrachtung auffällt.

Das Farbtiming ist sehr ungewöhnlich, denn auf den ersten Blick bekommt man fast den Eindruck, als ob eine stark verblaßte Kopie des Films für den Transfer verwendet wurde. Das grau-bläuliche Einerlei mit den wohlplatzierten Farbklecksen dient aber genauso wie die ungewöhnliche Kameraführung und der manchmal etwas steile Kontrast als besonderes Stilmittel. Daher wirken die Farben trotzdem sehr stimmig und machen einen viel natürlicheren Eindruck als so manches digitales Farbexperiment eines aktuellen Kinofilms.

Insgesamt macht das Bild einen hervorragenden Eindruck, wenn man nichts gegen das eigenwillige Farbtiming und die Filmkörnigkeit hat, die dank des reduzierten Schärfefilters bei der Network-DVD nicht ganz so stark auffällt.

Ton

Die Tonspur dieser DVD stammt offenbar auch aus der gleichen Quelle wie die der früheren Koch-Veröffentlichung und kann sich für eine vierzig Jahre alte Mono-Tonspur wirklich gut behaupten. Ein 5.1-Remix wurde auch für die neue englische DVD nicht gemacht, was angesichts des Surround-Trends erstaunt, aber immer noch besser ist als ein Zwangs-Upmix eines Mono-Originals.

Frequenzgang und Dynamik sind zwar altersbedingt etwas eingeschränkt, aber trotzdem sind Baß und Höhen besser als bei manchem anderen Film aus dieser Zeit. Rauschen oder Knistern sind hier keine großen Probleme, der Klang ist sehr sauber und weist keine typischen Lichtton-Probleme auf – hier kam ein sauberes Magnetton-Master zum Einsatz, das sehr vorsichtig überarbeitet wurde, ohne totgefiltert worden zu sein. John Barrys Musik klingt fast kristallklar, nur eine richtige Stereo-Abmischung wäre hier doch wünschenswert gewesen, da die Soundtrack immerhin in feinstem Stereo existiert.

Die Dialoge sind sehr gut verständlich und hören sich nur selten ein wenig dünn an, aber insgesamt ist die Qualität besser als man es von Filmen dieses Alters gewohnt ist. Auffällig ist in einigen Szenen jedoch eine schlechte Lippensynchronität, die allerdings kein Masteringfehler der DVD ist, sondern lediglich durch ein nicht ganz perfektes Dubbing bei der Filmproduktion verursacht wurde. Leider enthält die DVD keinerlei Untertitel, was aber durch die gute Verständlichkeit der Dialoge nicht ganz so gravierend ist.

Bonusmaterial

Networks neue Special-Edition von The Ipcress File hat die Bezeichnung wirklich verdient, denn das Studio hat sich wirklich Mühe gegeben einiges aus der DVD zu machen. Das Menüdesign ist genauso schlicht wie das Cover, aber unter der simplen Oberfläche verbirgt sich ein ganz ausgezeichneter Inhalt.

Auf der ersten DVD befindet sich der Audiokommentar mit Regisseur Sidney J. Furie und Editor Peter Hunt, der 1999 für die amerikanische Anchor Bay-DVD aufgenommen wurde. Peter Hunt verstarb 2002, so daß es sich bei dieser Kommentarspur um ein nicht wiederholbares Zeitdokument handelt und überhaupt keine langweilige Angelegenheit ist. Furie und Hunt sind nämlich ein äußerst gesprächiges Duo und können sich zwar nicht immer an alles erinnern, nehmen aber ihre eigene Vergeßlichkeit mit viel Humor und plaudern trotzdem eine ganze Menge aus dem Nähkästchen. Dabei kommen auch die vielen Probleme der Filmproduktion zur Sprache und Sidney J. Furie erzählt ganz offen vom Ärger, den er mit Harry Saltzman hatte, zieht aber trotzdem nicht unfair über ihn her. Außerdem erfährt man viele faszinierende Details von den Dreharbeiten, die diese Kommentarspur trotz einiger kleiner Pausen äußerst unterhaltsam machen.

Die erste DVD enthält an sonstigen Extras nur den Trailer (1:03) im anamorphen Originalformat, das restliche Bonusmaterial wurde auf einer separaten Disc untergebracht.

Das Interview mit Michael Caine (21:08) wurde neu für diese DVD produziert und ist eigentlich gar kein einfaches Interview, sondern eine kleine Dokumentation, in der Michael Caine viele interessante Geschichten über die Entstehung des Films und seine Rolle zu erzählen hat und dabei seinen berühmten Charme und Humor nicht zu kurz kommen läßt. Professionell mit einigen kurzen Filmclips und Fotos zusammengeschnitten hat diese Interview-Doku trotz der kurzen Lauflänge einen sehr hohen Informationsgehalt.

Das Interview mit Production Designer Ken Adam (10:30) ist ganz ähnlich wie das erste Interview strukturiert und macht auch mehr den Eindruck einer Mini-Dokumentation. Das Featurette ist eigentlich nur so kurz, weil Ken Adam (mit seiner ewigen Zigarre bewaffnet) schnell auf den Punkt kommt und seine Arbeit an The Ipcress File auf eindrucksvolle Weise kurz und knapp schildert.

The Ipcress File – Michael Caine goes Stella (4.57) ist ein kurzer Sketch mit Phil Cornwell als bemerkenswert gutes Michael Caine-Imitat, der eine kurze, aber knackige Einführung in The Ipcress File und seine weitere Karriere gibt. Man könnte Phil Cornwell tatsächlich für einen jungen Michael Caine halten, aber schließlich hat er diese und viele andere Rollen in der englischen Sitcom Stella Street schon seit langem perfektioniert.

Candid Cane (44:20) ist eine alte London Weekend Television-Sendung von 1969, die ausführlich über die noch ganz frische Karriere von Michael Caine berichtet, der in einem ausführlichen Interview zu Wort kommt. Obwohl hier natürlich ein hoher Nostalgiefaktor eine Rolle spielt, ist diese besondere Art von Dokumentation eine ideale Ergänzung zu den anderen Extras der DVD und nicht nur eine Verlegenheits-Beilage, die aus irgendeinem Archiv entstaubt urde.

Original US Radio Commercials - hier kann man sich vier Radiowerbespots (2:48) anhören, die zwar Nostalgiewert haben, aber eigentlich nichts wirklich besonderes sind.

Die Stills Gallery ist mit über 130 großformatigen Produktionsfotos erstaunlich gut bestückt, läuft aber nur als langer Film am Stück ohne Kapiteleinteilung ab - dennoch handelt es sich hier um eine der deutlich besseren DVD-Bildergalerien.

Das Textless Material (4:14) besteht aus dem Vor- und Abspann des Films - jedoch ohne die Schrift-Überlagerungen und ohne Ton. Strikt fürs Archiv gedacht ist es trotzdem erstaunlich, daß Network Zugriff auf dieses Material hatte und es auf diese DVD gepackt hat.






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