Murder, She Said
Cover

21.01.2004

Titel Murder, She Said (16 Uhr 50 ab Paddington)
Studio MGM British Studios (1961)
Hersteller Warner Home Video (2003)
DVD-Typ 5 (3,66 GB) Bitrate ø 6,5 max. 8,0
Laufzeit 83 Minuten Kapitel 12
Regionalcode 2 (Deutschland) Case Deja
Fernsehnorm PAL Mastering WAMO
Bildformat 1.33:1 16:9 no
Tonspuren Dolby Digital 1.0 Mono 192 kbit/s Englisch, Deutsch
Untertitel Englisch, Deutsch, Dänisch, Holländisch, Ungarisch, Norwegisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Schwedisch, Türkisch
Freigabe FSK 12
Extras • Keine

Allgemeines

Durch Zufall beobachtet Miss Marple in einem an ihrem Abteilfenster vorbeifahrenden Zug, wie eine Frau erwürgt wird. Als die Polizei ihr keinen Glauben schenkt, nimmt die rüstige Miss Marple die Sache selbst in die Hand und findet nach einer unauthorisierten Bahnstreckenbegehung heraus, daß die Leiche vermutlich vor dem Grundstück der Familie Ackenthorpe aus dem Zug geworfen und dort verschwunden ist. Um den Ereignissen auf den Grund zu gehen, bewirbt sie sich als Haushälterin bei den Ackenthorphes und findet beim Herumschnüffeln auf dem Anwesen schnell die vermißte Tote...


Als Ende der fünfziger Jahre die MGM-Filmstudios für drei Millionen Dollar die Film- und Fernsehrechte an Agatha Christie's Kriminalromanen erwarb, wusste das Studio zuerst nichts damit anzufangen. Der ursprüngliche Plan zweier TV-Serien rund um Miss Marple und Hercule Poirot wurde nie realisiert, aber dann entwickelte sich die Idee einer Reihe von Kinofilmen, die ab 1961 in die Tat umgesetzt wurde. Trotz der großen Popularität der Romane war dies tatsächlich der erste Versuch einer Verfilmung - und das, obwohl die beiden ungewöhnlichen Detektive schon fast dreißig Jahre in Buchform existierten.

Unter der Schirmherrschaft der MGM British Studios entstand so Anfang der sechziger Jahre die erste Verfilmung eines Miss-Marple-Romans von Agatha Christe. Als Vorlage für den ersten Film diente 4.50 from Paddington, für deren Umsetzung sich die Drehbuchautoren David Osborn, David Pursall und Jack Seddon einige Freiheiten herausnahmen. Das war hauptsächlich aufgrund der Wahl der Hauptdarstellerin nötig, denn Margaret Rutherford entspricht allerhöchstens ansatzweise der Idee von Miss Marple aus der Romanvorlage: während in der Originalgeschichte der Mord im Zug nur von einer Freundin von Miss Marple beobachtet wird und sie selbst nur passiv an der Handlung teilnimmt, wurde für den Film die alternde Hobbydetektivin in den Vordergrund gerückt. Auch entspricht Margaret Rutherford gar nicht der ursprünglichen Beschreibung einer kleinen, zerbrechlichen Miss Marple, wovon Agatha Christie überhaupt nicht begeistert war. Trotzdem sah die Autorin davon ab die Verfilmungen zu stoppen und wurde sogar zu einer guten Freundin der Schauspielerin. Ursprünglich wollte die gar nichts mit der Rolle zu tun haben, weil sie Mord und Gewalt verabscheue - aber Regisseur George Pollock konnte sie umstimmen, indem er folgerichtig erklärte, daß Miss Marple mehr an der Lösung eines Problems interessiert ist und weniger am eigentlichen Verbrechen.

4.50 from Paddington wurde für die Verfilmung in Murder She Said umbenannt, den amerikanischen Alternativtitel des Romans. Unter der Regie von George Pollock spielte mit Margareth Rutherford eine Riege von britischen Charakterschauspielern, die auch die wichtigen Nebenrollen nicht in Bedeutungslosigkeit abdriften lassen. Auch in der Besetzung und der Story wurden einige Anpassungen gegenüber der dunklen, bedrohlichen Romanvorlage gemacht: zum Beispiel wurde Miss Marple mit dem Bibliothekar Mr. Stringer ein "Sidekick" dazugeschrieben, der von Margaret Ruhtherfords Ehemann Stringer Davis gespielt wurde. Das gibt natürlich dem sonst recht ernsten Plot einige Gelegenheiten zu einigem wohldosiertem, typisch britischem Humor. Das ist ein Element mit der Rutherfords Darstellung berühmt wurde - dabei wird damit aber relativ vorsichtig umgegangen. Das ist auch gut so, denn sonst wären Miss Marple und Mr. Stringer schnell zu Witzfiguren geworden, aber dank der souveränen Darstellungen der beiden Schauspieler stellt sich dieses Problem erst gar nicht.

Die Story des Films wurde spannend umgesetzt, obwohl natürlich die Buchvorlage stark zusammengestrichen wurde. Die grundlegende Geschichte blieb intakt und damit auch der Spannungsbogen, der nie Langeweile aufkommen läßt, auch wenn man die Auflösung schon längst kennt. Ohne großen Aufwand in Schwarzweiß in Szene inszeniert gelingt es dem Film die Stimmung eines fast zeitlosen englischen Vorstadtlebens effektvoll einzufangen, das irgendwann zwischen 1930 und 1960 stattgefunden haben könnte. Die Kulisse spielt aber hier nur einen nebensächliche Rolle, denn der Film lebt fast ausschließlich von den Schauspielern. Ein nicht zu unterschätzender Beitrag macht allerdings auch Ron Goodwins ohrwurmverdächtige Filmmusik, die zusammen mit Margaret Rutherford einzigartiger Darbietung zu einem Markenzeichen der Miss-Marple-Filme wurde. Zufällig wurden sogar für zukünftige Miss-Marple-Verfilmungen die Weichen gestellt: Joan Hickson, die hier in einer kleinen Nebenrolle zu sehen ist, sollte dreißig Jahre später die Hauptrolle in einer werkgetreuen Verfilmung von allen zwölf Miss-Marple-Romanen spielen.

Murder She Said wurde nicht nur in England, sondern in ganz Europa und auch in Amerika zu einem Überraschungserfolg, der noch drei Fortsetzungen mit sich brachte und schon bald zum Klassiker wurde. In Deutschland bekam der Film den Titel der Romanübersetzung 16.50 ab Paddington und wurde bemerkenswert gut synchronisiert - heute sind der Film und seine Nachfolger Dauerbrenner im Fernsehen und werden sogar noch in manchen Programmkinos gezeigt. Ein Krimiklassiker, wie er im Buch steht.


Trotz des großen Bekanntheitsgrades der Miss-Marple-Filme hatte sich Warner Home Video als Rechteinhaber bisher noch nicht zu einer DVD-Veröffentlichung hinreißen lassen, aber überraschenderweise kam dann in Deutschland doch eine Veröffentlichung aller vier Filme im Dezember 2003. Der schnellen Ankündigung folgten lange Diskussionen über das Bildformat, da bei vielen Händlern die Filme als 1.33:1 gelistet waren - was sich leider bis auf den letzten Film als korrekt herausgestellt hat. Statt ordentliche neue Transfer zu verwenden, hat Warner einfach alte TV-Master verwendet, deren Bildformat nicht ganz korrekt ist - aber dennoch ist die Qualität um ein vielfaches besser als jede Fernsehausstrahlung oder Videokassette. Bonusmaterial gibt es überhaupt keins, aber dafür bekommt man auf diesen DVDs die gleichermaßen hörenswerten englischen und deutschen Fassungen gleichzeitig. Als Ersatz für alte TV-Aufnahmen und Videokassetten sind diese DVDs auf jeden Fall gut zu gebrauchen.

Bei einem Preis von weniger als neun Euro pro DVD zusammen im Boxset kann man da schon einmal alle fünfe gerade sein lassen und nicht so genau hinschauen - letztendlich bleibt aber ein bitterer Nachgeschmack, daß sich ausgerechnet ein Major-Studio wie Warner zu so einer übereilten Veröffentlichung mit recycelten Transfern hinreißen lassen hat. Ob irgendwann eine Neuauflage kommen wird, ist unsicher - in den USA sind die DVDs noch gar nicht angekündigt worden, in England werden vorraussichtlich die gleichen DVDs wie in Deutschland erscheinen.

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Bild

Leider hat Warner keinerlei Restaurationsversuche unternommen und hat sich sogar davor gedrückt, einen neuen Transfer anzufertigen. Verwendet wurde für diese DVD ein um 1995 von Turner hergestellter Transfer, der zu dieser Zeit öfter beim englischen Spielfilmsender TNT zu sehen war. Das exakte Bildformat ist nicht mehr genau bestimmbar, aber der Film wurde in 35mm auf einem 1.37.1-Negativ gedreht, das allerdings in manchen Szenen unregelmäßig schon in der Kamera gemattet wurde, wie man es in den von der ARD im Dezember 2003 wieder ausgestrahlten Transfern sehen konnte. Ein Matten auf 1.66:1 wäre ideal, aber der TNT-Transfer zoomt an den hart gematteten Stellen das Bild etwas auf. Dabei wird an den Seiten schätzungsweise maximal 10 Prozent abgeschnitten, was die Bildkomposition zum Glück kaum beeinträchtigt und auch nur im direkten Vergleich wirklich auffällt. Von Pan&Scan kann hier noch nicht die Rede sein, allerhöchstens von einem Reframing.

Das größte Problem des Transfers ist allerdings nicht das Bildformat, sondern die Tatsache, daß kaum etwas nachbearbeitet wurde. Im Klartext heißt das, daß man alle möglichen Arten von Filmartefakten zu sehen bekommt: von oberflächlichen Laufstreifen über kleinere punktuelle Kratzer und Fussel bis zu regelmäßigen Aktwechselmarkierungen gibt es hier praktisch alles zu sehen. Fairerweise muß man sagen, daß hier schon eine Art Reinigung stattgefunden haben muß, denn wenn man diesen Transfer mit der deutschen TV-Ausstrahlung vergleicht, ist das Bild geradezu sauber. Außerdem treten die Verschmutzungen nur um die deutlich sichtbaren Aktwechsel herum gehäuft auf und fallen sonst nur bei genauer Betrachtung auf.

Überraschen tut dagegen die Schärfe, die auf einem erstaunlich guten Niveau ist und zwar keine Rekorde bricht, aber die Detailtreue nicht bemerkbar einschränkt - für einen alten Transfer, der zudem auch noch leicht aufgezoomt wurde, ist das schon eine ganze Menge. Die Körnigkeit des Filmmaterials wurde offenbar durch einen leichten Rauschfilter bearbeitet, ist aber hier und da immer noch in Form eines unauffälligen Restrauschens sichtbar. Kontrast und Helligkeit sind auch sehr gut ausbalanciert und lassen hier nicht nur blankes Schwarzweiß, sondern die gesamte Palette von Grautönen erkennen.

Generell läßt sich sagen, daß diese DVD nicht so schlecht aussieht wie es zu befürchten war, allerdings bleibt das Bildformat und die nicht bearbeitete Verschmutzung des Transfers problematisch. Allerdings ist diese Version den TV-Ausstrahlungen und Videokassetten immer noch weit überlegen und zur Zeit einfach die beste Alternative Murder she said in erträglicher Qualität anzuschauen.

Ton

Weitaus angenehmeres haben die beiden Tonspuren zu bieten, die deutlich hörbar nicht von einem zerkratzten Lichtton-Master, sondern von ordentlichen Magnettonspuren übernommen wurden. Natürlich reichen Dynamik und Frequenzumfang praktisch von zwölf bis mittag, aber trotzdem ist der Klang einigermaßen sauber und unverzerrt und klingt auch nicht viel schlechter als andere DVD-Tonspuren von Filmen dieses Alters. Die englische Originalfassung unterscheidet sich im Klang von der deutschen Fassung hauptsächlich durch einen weniger dumpfen Klang und nicht so muffelig klingende Stimmen. Rauschen, klirren oder knistern tun die beiden Tonspuren nur in sehr geringem Umfang. Es hat schon bessere Mono-Tonspuren gegeben, aber für diesen Film reicht das gebotete voll und ganz aus.

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