Paul McCartney - Get Back
Cover

9.6.2010 #484

von Guido Bibra

Titel Paul McCartney - Get Back
Studio MPL Communications (1990)
Hersteller e-m-s new media (2001) EAN 4-020974-142298
DVD-Typ 9 (7,39 GB) Bitrate ø 6,35 max. 9,0
Laufzeit 85:27 Minuten Kapitel 21
Regionalcode 2 (Deutschland) Case Amaray 1 Transp.
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 1.78:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 5.1 Surround 448 kbit/s 2.0 Surround 224 kbit/s Englisch/Musik
Untertitel Englisch (nur Songtexte)
Freigabe FSK 6
Extras Get Back Dokumentation inkl. Interviews (30 Min.)
• Stars über "The Beatles" (15 Min.)
• Originaltrailer
• Bildergalerie
• Musikerinfos (Text)
• Tourdaten (Text)
• e-m-s Trailershow

Der Film

1969 waren die Beatles nach über einem Jahrzehnt musikalischem Schaffens auseinandergegangen, aber John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr verfolgten weiter ihre . Paul war dabei immer der aktivste und hatte schon 1973 mehrere neue Alben veröffentlicht, mit den Wings eine neue Band gegründet und Ende der siebziger Jahre schon zwei Welttourneen hinter sich. Nachdem sich Ende der siebziger Jahre die Wings aufgelöst hatten, war Paul McCartney wieder Solomusiker und arbeitete in den achtziger Jahren mit verschiedenen Musiker-Kollegen zusammen.

  Erst 1989 hatte sich der Ex-Beatle nach einigen mehr oder weniger erfolgreichen musikalischen Projekten eine neue Band zusammengestellt, um ein neues Album aufzunehmen und auf die erste Welttournee seit Ende der siebziger Jahre zu gehen. Für Flowers in the Dirt hatte McCartney vier hervorragende Musiker nicht nur für die Studioaufnahmen, sondern auch für die Konzerte engagiert. Gitarrist und Bassist Hamish Stuart war durch seine Arbeit mit der Average White Band bekannt geworden, Robbie McIntosh als Gitarrist der Pretenders. Für Tasteninstrumente war der vielbeschäftigte Keyboarder Paul "Wix" Wickens zuständig und am Schlagzeug saß der Session-Drummer Chris Whitten. Komplettiert wurde die sechsköpfige Band von Linda McCartney, die Paul schon zu Wings-Zeiten begleitet hatte.

Mit dieser Besetzung ging Paul McCartney nach der Veröffentlichung von Flowes in the Dirt im Herbst des Jahres auf eine Welttournee, die im September 1989 in Norwegen begann und nach Schweden, Deutschland, Frankreich, Italien, in die Schweiz, nach Spanien, Holland, in die USA, Japan, Brasilien und natürlich nach England führte - das letzte der insgesamt 104 Konzerte fand im Juni 1990 in Chicago statt. Die aufwendige Tour brach Rekorde am laufenden Band und war ein Erfolg auf der ganzen Linie - bei einem Konzert in Brasilien waren sogar ca. 350000 Zuschauer dabei.

  Musikalisch nutzte Paul McCartney die Welttournee nicht nur zur Vorstellung seines neuen Albums, sondern erstmals auch, um wieder alte Beatles-Songs zu spielen, was er zuvor aus ganz persönlichen, emotionalen Gründen fast immer abgelehnt hatte. So kamen nicht nur die neuesten Songs von Flowers in the Dirt zum Einsatz, sondern auch viele in den siebziger Jahren bühnenerprobte Wings-Stücke und eine handvoll Beatles-Klassiker, die für eine bombastische Bühnenshow wie geschaffen waren. Es war ein cleverer Querschnitt durch McCartneys fast dreißigjährige Musiker-Karriere, für die nicht nur die ganz offensichtlichen Kandidaten, sondern auch einige weniger bekannte Stücke ausgesucht worden waren.

Die Konzerte waren musikalisch auf einem bemerkenswerten Niveau, das den energetischen Wings-Tourneen der siebziger Jahre mehr als gerecht werden konnte. Die Arrangements der Songs waren Dank der kreativen Musiker hervorragend gelungen und besonders bei McCartneys neueren Kompositionen oft viel besser und dynamischer als die dagegen geradezu sterilen Studioversionen. Allerdings war Paul McCartney trotz der gelungenen Instrumentation anzumerken, daß er seit über einem Jahrzehnt keine anstrengenden Konzerttouren mehr unternommen hatte. Seine Stimme war nicht ganz auf der Höhe, aber trotzdem schlug er sich nicht schlecht und konnte in viele Songs ganz neue Nuancen einbringen.

  Begleitet wurde die Tour von einem Filmteam des Regisseurs Richard Lester, der in den sechziger Jahren schon die Beatles-Filme A Hard Day's Night und Help! inszeniert hatte und ein guter Freund von Paul McCartney war - nur für ihn kehrte er für den Konzertfilm Get Back noch einmal aus seinem selbsterklärten Ruhestand zurück. Mit großem Aufwand wurden viele der über hundert Konzerte auf 16 und 35mm-Film eingefangen, um sie zu einer großen, anderthalbstündigen Collage der Tournee zu verschmelzen. Die Aufnahmeverhältnisse waren alles andere als ideal, aber Richard Lester war es trotzdem gelungen, die einmalige Atmosphäre der Konzerte auf hervorragende Art für die große Leinwand einzufangen.

Das Konzept hätte gelingen können, wenn Richard Lester es nicht mit der künstlerischen Freiheit übertrieben hätte und viele Dokumentarfilm-Schnipsel und sogar einige Szenen aus den Beatles-Filmen eingeschnitten hätte, statt die Band selbst zu zeigen. Bei manchen Songs klappte diese an den Woodstock-Film angelehnte Technik recht gut, bei den meisten ist es aber einfach nur unpassend und irritierend. Zwar sind die reinen Konzertaufnahmen richtig mitreißend, aber durch das viele Fremdmaterial macht der Film einen etwas künstlichen und bemühten Eindruck, der auch noch durch einige unstimmigkeiten in der Kontinuität und Bild-Ton-Synchronisation getrübt wird. Vermutlich gab es nicht genug passendes Material für alle Songs, so daß manches mit Füllmaterial ausgebessert werden mußte.

  Die Songs, die Richard Lester für den Konzertfilm ausgesucht hatte, decken sich nicht völlig mit Tripping the Live Fantastic, McCartneys Live-Album von der Tour. Einige Songs von der Platte wie zum Beispiel die ausgezeichnete Live-Fassung von My Brave Face kamen im Film aus Laufzeitgründen gar nicht vor und manche Songs sind nur in schlechteren Versionen als auf der Platte zu hören. So hätte man nicht unbedingt das völlig schiefgegangene Gitarrensolo von I Saw Her Standing There nehmen müssen, sondern es problemlos gegen die viel gelungenere Aufnahme aus dem Album ersetzen können.

Get Back mag nicht der beste Konzertfilm aller Zeiten sein, ist aber dennoch ein gelungenes Projekt, das Paul McCartneys erste Welttournee nach über einem Jahrzehnt Bühnenpause auf faszinierende Weise dokumentiert. Noch besser wäre der Film geworden, wenn Regisseur Richard Lester nicht versucht hätte, die Konzerte zu einem kulturellen Ereignis hochzustilisieren und sich stattdessen auf das Wesentliche konzentriert hätte: sechs Musiker, die einfach nur einen riesigen Spaß auf der Bühne haben.

Die DVD

Obwohl Get Back als VHS-Kassette Anfang der neunziger Jahre ein weltweiter Verkaufsschlager war, ließ eine DVD-Veröffentlichung relativ lange auf sich warten. Es war das deutsche Studio e-m-s, das die weltweit erste DVD des Films herausbrachte und sich sogar richtig Mühe damit gegeben hatte: außer einem ganz soliden anamorphen Transfer und ordentlicher Tonqualität hatte die DVD auch ein paar überraschende Extras zu bieten.

Leider ist die hier rezensierte DVD durch die Insolvenz der Vertriebssparte von e-m-s derzeit out-of-print, aber trotzdem oft noch günstig als Restposten zu bekommen. Die 2005 in den USA erschienene DVD des Films ist dagegen nicht zu empfehlen, da diese nur einen 4:3-Transfer in VHS-Qualität und keinerlei Exras enthält.

Bild

Get Back wurde nicht wie die meisten Konzertfilme der achtziger und neunziger Jahre auf Video, sondern im Hinblick auf die geplante Kinoauswertung auf herkömmlichem Filmmaterial gedreht. Für die deutsche DVD hatte e-m-s erstaunlicherweise kein altes Videomaster verwendet, sondern einen offenbar neu erstellten Filmtransfer, der sogar vernünftig auf 16:9 gemattet wurde. Die Bildqualität ist im Prinzip nicht schlecht, ist aber durch das wechselhafte Ursprungsmaterial deutlich eingeschränkt. Der Transfer ist progressiv mit sauberen 25 Bildern pro Sekunde und wurde nicht wie bei manchen anderen Musik-DVDs von einer 24fps-Quelle normgewandelt.

Die Konzertaufnahmen wurden teilweise auf 16mm und auf 35mm gedreht und haben alle das typische Aussehen einer analogen Filmprojektion. Durch die suboptimale Beleuchtung ist oft jede Menge Filmkörnigkeit zu sehen, die nur stellenweise herausgefiltert wurde, aber meistens extrem deutlich in Erscheinung tritt. Die Schärfe ist den Umständen entsprechend akzeptabel, ist aber längst nicht auf Kinofilmniveau - bei Nahaufnahmen fällt dies nicht zu sehr auf, aber bei Einstellungen aus der Ferne auf die dann klein erscheinenden Musiker auf der riesigen Bühne verschwimmen die Details zu sehr. Allerdings ist das weniger ein Problem des Transfers als der Filmvorlage, aus der nicht viel mehr herauszuholen war. Trotzdem ist die Filmvorlage bis auf eine handvoll leichte Verunreinigungen erstaunlich sauber.

Die eingeschnittenen Szenen bestehen im wesentlichen aus den alten Beatles-Filmen und Dokumentar-Material, das teilweise als Film und als Video vorgelegen hat. Die Qualität dieser Szenen ist natürlich noch deutlich schlechter als bei den Konzertaufnahmen selbst - Videorauschen, Kratzer und Fussel sind in rauhen Mengen zu sehen und es wurde offenbar ganz absichtlich nichts daran geändert. Auf dem Fernsehbildschirm mag das nicht zu sehr ins Gewicht fallen, aber auf den Kinoleinwänden muß dieses Material wirklich schlimm ausgesehen haben.

Trotz der Einschränkungen bietet diese DVD eine ordentliche Bildqualität, die den Genuß des Films nicht trüben kann. Im Gegensatz zur später erschienenen amerikanischen DVD ist Get Back hier außerdem im Originalformat zu sehen.

Ton

Die deutsche DVD von Get Back hat sowohl eine 5.1-Tonspur als auch eine 2.0-Surround-Track zu bieten, wobei jedoch nicht diejenige mit den meisten Kanälen auch die beste ist. Ob hier eine Tonhöhenkorrektur durchgeführt wurde oder der Film schon von vorneherein in 25fps gedreht wurde, ist nicht nachvollziehbar - der Ton läuft aber auf beiden Tonspuren in der korrekten Tonhöhe.

Die 2.0-Fassung ist keine Stereo-Spur, sondern die ursprüngliche, matrixcodierte Dolby-SR-Fassung, die für die Kinoveröffentlichung gemischt wurde. Die vordere Soundstage ist erfreulich breit und die Separation der Instrumente bemerkenswert gut. Der Surroundkanal wird sowohl für ein dezentes Echo der Musik als auch für die Publikums-Geräusche eingesetzt, so daß man den Eindruck bekommt, mittendrin zu verwendet. Auch in Stereo hört sich diese Abmischung nicht schlecht an und kann durchaus mit dem Begleitalbum Tripping the Live Fantastic mithalten. Lediglich einige unerklärliche Lautstärkeschwankungen trüben den Eindruck dieser hervorragenden Tonspur ein klein wenig.

Die 5.1-Tonspur ist offenbar ein von e-m-s erstellter Upmix der 2.0-Spur und hört sich äußerst seltsam an. Obwohl Baß und Höhen etwas druckvoller sind, ist die vordere Soundstage so eingeengt, daß der größte Teil des Klangs auf dem mittleren Lautsprecher landet. Um den Raumklang zu erzeugen, wurde ein sehr unnatürlich klingender Hall verwendet und auch die Stimmen sind unverhältnismäßig lauter und aufdringlicher. Dadurch hört sich die 5.1-Spur völlig anders an als die ursprüngliche Stereo-Surround-Fassung und kann dieser noch nicht einmal ansatzweise das Wasser reichen.

Praktisch ist die Untertitelspur mit den Songtexten, auf der allerdings nur die Liedtexte und nicht die gesprochenen Worte zu lesen sind und einige unübersehbare Fehler auffallen.

Bonusmaterial

Während andere Musik-DVDs oft völlig ohne Extras auskommen müssen, hatte sich e-m-s zumindest Mühe gegeben, ein wenig vorhanderes Material zusammenzusuchen. Die anamorphen Menüs sind sparsam, aber clever animiert und alle mit Musik unterlegt. Das Design ist gut gelungen und setzt die Atmosphäre des Films hervorragend um. Neben den normalen mehrseitigen Menüs hat e-m-s auch das sogenannte Innovation Prompt View eingebaut, mit dem alle Auswahlpunkte von der gesamten DVD auf einer Bildschirmseite zusammengefaßt wurden.

Die Dokumentation (30:44) entpuppt sich schon im Vorspann als "Electronic Press Kit", ist aber dennoch ein unterhaltsamer und sogar humorvoller Bericht über McCartneys Welttournee. Interviews, weitere Konzertausschnitte und andere Behind-the-Scenes-Aufnahmen machen diese Doku sehenswert. Am Schluß sind noch ein paar witzige Outtakes von einem Versuch, einen Werbetrailer zu drehen, angehängt worden - erstaunlicherweise ist dabei schon der Schlagzeuger Blair Cunningham zu sehen, der von McCartney erst lange nach seiner Welttournee von 1989/90 als Ersatz für Chris Whitten engagiert worden war.

Stars über die Beatles (4:48, 3:34, 4:54, 3:22) ist eine vierteilige Sammlung von kurzen Statements von Elton John über Britney Spears bis zu Wolfgang Niedecken und noch viel mehr Musikern. Natürlich sind das im Prinzip nur uneingeschränkte Lobeshymnen, aber die Interviews sind trotz der verschiedenen Sichtweisen der Ereignisse rund um die Beatles-Zeit von 1962-1969 sehr interessant.

Eine Bildergalerie (3:50) darf auch nicht fehlen, hier ist sie in Form einer mit Musik unterlegten Diashow vorhanden. Leider sind die Bilder schräg verzerrt auf der DVD abgelegt worden - das mag ja vielleicht ein tolles Design sein, aber die Fotos, die hauptsächlich aus Screenshots aus dem Film zu bestehen scheinen, werden dadurch so klein und verfälscht, daß man sie nicht mehr richtig erkennen kann.

Siebzehn Texttafeln enthalten die Geschichte der Beatles, die allerdings hier nur sehr oberflächlich angerissen wird. Die Texte sind gut lesbar, werden aber auch noch von einem angenehm anzuhörenden Sprecher vorgelesen.

Die Biographien der Band sind als weitere Texttafeln erhalten. Dort sind nicht nur die trockenen Daten zu lesen, sondern auch andere Angaben wie Lieblingsmusiker, Lieblingsessen oder für was derjenige demonstrieren würde. Ein paar weitere Texttafeln enthalten eine simple Auflistung der Städte und Länder, in denen McCartney auf seiner Welttournee halt gemacht hatte.

Der Trailer (2:16) ist in 1.33:1 zu sehen und demonstriert, wie schlecht der Transfer des Films hätte aussehen können. Außerdem sind noch Trailer von einigen anderen DVDs des Studios sowie vier Dolby-Digital-Trailer (Train, Temple, Egypt und City) mit dabei.







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