The Thin Blue Line 
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7.3.2010 #512

von Guido Bibra

Titel The Thin Blue Line
Studio Tiger Aspect Productions / BBC (1995/1996)
Hersteller Vision Video / Universal (2001) EAN 0-44007-80752-1
DVD-Typ 2x9 (5,86 & 7,42 GB) Bitrate ø 3,86 max. 7,0
Laufzeit 201:50 & 236:08 = 437:58 Minuten Kapitel 5/Episode
Regionalcode 2 & 4 (England/Australien) Case Amaray I Doppel
Fernsehnorm PAL
Bildformat 1.33:1 16:9 nein
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Sterei 192 kbit/s Englisch
Untertitel Keine
Freigabe BBFC 15
Extras • Keine

Die Serie

In den achtziger Jahren war er als Blackadder unterwegs und in der ersten Hälfte der neunziger Jahre hatte er die Fernsehbildschirme als Mr. Bean unsicher gemacht: Rowan Atkinson war einer der besten Komiker im britischen Fernsehen. Als 1995 die letzte Episode von Mr. Bean ausgestrahlt worden war, hatte sich Atkinson nach einigen Jahren wortlosem Slapstick wieder seiner ganz besonderen Spezialität gewidmet: dem verbalen Humor. Sein alter Bekannter Ben Elton, Blackadder Co-Autor und selbst ein großartiger Standup-Comedian, hatte als Nachfolger für Mr. Bean schon ein neues Idee entwickelt, die zu den Sitcom-Wurzeln von Rowan Atkinsons frühren Jahren zurückkehrte.

Polizei-Sitcoms gibt es wie Sand am Meer, aber Ben Elton und Rowan Atkinson hatten sich mit The Thin Blue Line etwas ganz besonderes ausgedacht. Die halbstündige Comedyserie, die von Tiger Aspect für die BBC produziert wurde, nahm sich einerseits das Genre selbst aufs Korn vor, blieb aber andererseits auch nicht bei einer oberflächlichen Komödie. Ben Elton, der die Geschichten über eine Polizeistation in der fiktiven Kleinstadt Gasforth alleine geschrieben hatte, legte großen Wert auf ausgewachsene Charaktere und richtige Plots, die nicht nur als Mittel zum Zweck für den Humor diente, sondern mit ihm Hand in Hand arbeiteten. Die Parallelen zum Vorgänger waren nicht übersehbar, denn nicht nur auf den ersten Blick wirkte The Thin Blue Line fast wie eine fünfte Blackadder-Serie, war aber auch stark an Dad's Army, eine von Ben Eltons Lieblingsserien angelehnt worden.

Nach einigen Jahren einfachem Slapstick-Humor war Rowan Atkinson als Inspector Raymond Fowler wieder in absoluter Höchstform und konnte seinen wortgewaltigen Sprachwitz mit der Hilfe von Ben Eltons brillianten, ausgefeilten Dialogen hervorragend einsetzen. Sein Charakter hätte auch Inspector Blackadder heißen können, denn er besaß den gleichen Sarkasmus und Zynismus wie sein Vorgänger und hatte auch ganz ähnliche Eigenschaften. Fowler ist als Polizist der alten Schule etwas weltfremd und durch und durch britisch, aber immer korrekt und macht seinen Job im Prinzip nicht schlecht. Besonders mit seiner recht friedlichen Art und der Abscheu, Konflikte mit Gewalt zu lösen, ist er einer der großen Sympathieträger der Serie. Das alte Klischee des tolpatschigen Bobbies erfüllt er damit ganz und gar nicht, ist aber durch seine seltsamen Eigenheiten und konservativen Ansichten immer für besonders sarkastischen Humor gut. Auch Fowlers Privatleben ist eins der Themen der Serie, das sich hauptsächlich mit der schwierigen Beziehung zu seiner Freundin und seinem früheren Leben als Familienvater beschäftigt und damit gleich eine ganze Reihe Soapopera-Klischees auf clevere Weise aufs Korn nimmt.

Fowlers Kollegin Sergeant Patricia Dawkins ist auch seine Freundin, die ihn zwar abgöttisch liebt, aber tief frustriert ist, weil ihren Avancen nur selten erfolgreich sind. Als Polizistin holt sie Fowler oft auf den Boden der Tatsachen zurück und ist dadurch ein relativ ernst gemeinter Charakter, der aber auch nicht ganz humorlos bleibt. Die relativ unbekannte TV- und Bühnenschauspielerin Serena Evans hatte in The Thin Blue Line eine ihrer bekanntesten Rollen gespielt und war eine perfekte Partnerin für Rowan Atkinson, da ihr Charakter viel emotionaler als der typisch britisch-reservierte Fowler angelegt wurde und so einen idealen Gegenpol bildet. Dawkins ist meist als Desk Sergeant tätig und so etwas wie die gute Seele der Polizeistation und muß nicht selten Fowlers seltsames Verhalten ausbügeln.

Fowlers Gegenspieler sind die Kriminalbeamten in Zivil vom CID, für dessen Chef Derek Grimm er meist nur Spott und Ignoranz übrig hat. Der Detective Inspector ist mit seiner oft primitiven und obszönen Art das genaue Gegenteil zum dagegen geradezu niveauvollen Fowler und sorgt mit seinen eigenwilligen und oft dümmlichen Methoden oft für Irritationen. Seine besondere Art mit der englischen Sprache umzugehen scheint ganz offensichtlich ein Nebenprodukt des Versuchs zu sein, die Serie einigermaßen familientauglich zu machen, wodurch Grimms ausgefallenes Arbeiterschicht-Englisch zu seinem größten Markenzeichen wird. Die Rolle wurde mit viel Gusto von dem vielseitigen Schauspieler David Haig gespielt, der sichtlichen Spaß daran hatte, seine bauernhaften Charakter so deftig wie nur möglich darzustellen, ohne dabei wirklich primitiv oder geschmacklos zu sein.

Bei den weiteren Rollen von Nebencharaktern zu sprechen wäre unfair, denn im Grunde genommen ist The Thin Blue Line eine Ensemble-Serie, in der fast alle Darsteller zum Zug kommen. Am auffälligsten ist aber James Dreyfus als der junge, unerfahrene und tolpatschige Kevin Goody, dessen zappelige, weibische Art Anfangs noch lustig wirkt, aber sich im Laufe der Serie etwas abnutzt. Wirklich nervig wird der Charakter aber nicht und der Schauspieler macht aus seiner Rolle eine bemerkenswerte Tour de Force, die nicht nur von Goodys erfolglosen Annäherungsversuchen an seine Kollegin Maggie lebt, sondern auch von dessen zahllosen Mißverständnissen und Unwissenheiten. Maggie Habib, elegant und selbstsicher von Mina Anwar gespielt, ist das exakte Gegenteil von Goody und weder die Quotenfrau noch die Quotenausländerin der Besetzung, da sie trotz ihrer fernöstlichen Herkunft nicht britischer sein könnte. Es ist einer der geradlinigeren Charaktere der Serie, der auch dringend als Balance zu den mehr verrückteren Figuren dient, aber auch nicht völlig humorlos ist.

Das letzte reguläre Besetzungsmitglied von Fowlers kleiner Truppe ist der ruhige Frank Gladstone, ein älterer Constable kurz vor dem Ruhestand. Durch seine Herkunft, vermutlich Trinidad wie sein wundervoller Darsteller Rudolph Walker, könnte man ihn für einen weiteren Quoten-Ausländer halten, aber tatsächlich ist dieser Charakter hauptsächlich für gelegentliche Gags zuständig, die sich hauptsächlich auf seine realitätsfremdheit beziehen und aus seinen unglaublichen Geschichten bestehen. Gladstone ist genauso wenig rassistisch gedacht wie Habib, denn Ben Elton hat aus dem Charakter keine dumme Witzfigur, sondern einen liebevoll gemeinten Clown gemacht, der allerdings oft nur am Rande zu sehen ist. Eine weitere kleinere, aber gelungene Nebenrolle hat Kevin Allen als Detective Constable Kray, der ein bißchen schluderig ist und seinen Beruf hauptsächlich dazu nutzt, sich diverse Vergünstigungen zu verschaffen und ständig Fastfood in sich hineinzuschaufeln scheint. In der zweiten Staffel wurde dieser Charakter durch Constable Boyle, gespielt von Mark Addy, ausgetauscht, der seinem Vorgänger weitgehend ähnelt, aber noch ein bißchen unverschämter ist und von den uniformierten Kollegen nicht besonders gemocht wird.

Mit einer so stark ausgeprägten Besetzung war eigentlich kaum noch Raum für größere Gastrollen, auf die aber trotzdem nicht verzichtet wurde. Die meisten davon wurden von relativ unbekannten englischen TV-Darstellern übernommen, aber es gab auch Ausnahmen wie Stephen Fry als verrückter Brigardier Blaster Sump in der allerletzten Episode und ein Cameo von Ben Elton als Obdachloser. Leider nur in drei Episoden ist Lucy Robinson als die machthungrige, überkandidelte Bürgermeisterin von Gasforth zu sehen, die gleichzeitig auch eine ehemalige Schulfreundin von Fowler ist und ihn so zu Dawkins' Ärgernis problemlos um den Finger wickeln kann.

Ben Elton hatte in seinen Geschichten nicht auf eine totale Parodie gesetzt, sondern die Plots alle von den Charaktern antreiben lassen. So ist The Thin Blue Line in erster Linie eine Sitcom über Polizisten und nicht über die Polizei im allgemeinen, läßt aber auch die Satire nicht außen vor. Die Stories drehen sich einerseits um die Abenteuer der Charaktere als auch um typische Klischees des Polizeidiensts, die die Serie oft sehr satirisch werden ließ. Die ersten sieben Episoden, die im November und Dezember 1995 ausgestrahlt wurden, waren zu Beginn noch ein wenig ziellos und fanden erst zum Schluß richtig Schritt, aber der Humor saß trotzdem. Für die zweite Staffel, die ein Jahr später produziert und gesendet wurde, hatte Ben Elton einige Veränderungen durchgeführt und vor allem jede Episode mit einer kleinen Intro von Raymond Fowler ausgestattet, der die Ereignisse mit ein paar schlauen Worten kommentiert.

The Thin Blue Line hielt sich leider nur zwei Staffeln mit insgesamt vierzehn Episoden, denn trotz des ausgeklügelten Humors und der gelungenen Besetzung erwies sich die Serie als nicht allzu großer Erfolg und wurde wegen schlechten Einschaltquoten und negativen Kritiken nach 1996 von der BBC wieder abgesetzt. The Thin Blue Line war ausgerechnet von der britischen Presse regelrecht niedergemacht worden, die besonders Rowan Atkinson vorwarfen, nicht mehr witzig zu sein und Ben Eltons Drehbücher für langweilig hielten - vielleicht lag es daran, daß die Serie dem Zuschauer zuviel abverlangte. Im Nachhinein betrachtet sind diese Vorwürfe kaum nachvollziehbar, denn The Thin Blue Line konnte gerade mit dem kreativen und brillianten Humor aufwarten, den es danach praktisch nie mehr bei der BBC gegeben hatte und bald von dagegen niveaulosen Shows wie Little Britan abgelöst wurde. Sogar in Deutschland lief The Thin Blue Line als Inspektor Fowler im Privatfernsehen, war aber wegen des unübersetzbaren britischen Humors nur noch ein Schatten des Originals.

Trotz den negativen Reaktionen wurde The Thin Blue Line zu einem Klassiker, der oft verdient im gleichen Atemzug mit Blackadder genannt wird zu Rowan Atkinsons besten Werken gehört. Es war aber seine letzte Fernsehserie, denn der recht sensible Komiker hatte der Mattscheibe danach praktisch den Rücken gekehrt. Zuerst hatte er sich einer Kinoversion seines früheren Erfolgs Mr. Bean gewidmet und nach einigen Auftritte in kleineren Kino-Nebenrollen einen großen Erfolg mit der gelungenen James-Bond-Parodie Johnny English gelandet, auf die ein zweiter Bean-Film und sogar eine Fortsetzung von Johnny English folgte. The Thin Blue Line blieb aber seine letzter Fernsehauftritt in einer klassischen Sitcom, deren Format heute fast ausgestorben scheint.

Die DVD

The Thin Blue Line war schon 2001 in England als DVD erschienen, allerdings nicht von der BBC, sondern von Vision Video und Universal. Das 2-Disc-Set enthielt alle vierzehn Episoden der Serie in ordentlicher Sendequalität, aber leider keinerlei Extras. 2004 wurde auch noch eine amerikanische Ausgabe von BBC Warner USA herausgebracht, die eine dritte Disc mit einer knappen Stunde an Extras über Ben Elton enthielt, aber komplett normgewandelt war und so eine schlechtere Bildqualität als die britische Ausgabe hatte.

Die hier rezensierte Ausgabe von The Thin Blue Line ist die heute immer noch erhältliche britische PAL-Ausgabe, die zwar keinerlei Bonusmaterial, aber dafür eine akzeptable Bild- und Tonqualität zu bieten hat und für einen sehr niedrigen Preis unter zehn Euro zu haben ist - für siebeneinhalb Stunden beste britische Komödie praktisch geschenkt. Eine deutsche Ausgabe ist offenbar wegen des Flops der Serie hierzulande allerdings nie erschienen, was aber angesichts der Unübersetzbarkeit des Humors nicht allzu schlimm ist.

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Bild

The Thin Blue Line wurde komplett auf Video produziert und hat daher den typischen Fernseh-Look vieler Serien aus den achtziger und neunziger Jahren. Den Umständen entsprechend ist die Bildqualität sogar ganz manierlich, aber beim genaueren Hinschauen machen sich einige deutliche Einschränkungen bemerkbar, die teilweise durch das analoge Videoequipment und das schlechte Authoring entstanden sind.

Als erstes fällt auf, daß das Bild einen recht plastischen und lebendigen Eindruck macht, obwohl die Schärfe für eine Videoproduktion dieser Zeit nicht wirklich überzeugend ist. Besonders die zweite Staffel, in der das Bild noch weicher aussieht, macht den Eindruck, als ob die DVDs nicht von den Masterbändern, sondern von Sendekopien zweiter oder dritter Generation digitalisiert wurde. Diverse Videoartefakte wie typisches Composite-Regenbogenfarben bei hellen Bildteilen und Farbrauschen in dunklen Szenen machen sich oft bemerkbar, außerdem ist das Bild natürlich interlaced.

Positiv sind hingegen die soliden Farben, die trotz des Videorauschens meist sehr gut wiedergegeben werden. Ein großes Problem ist dagegen die Kompression, die mit Bitraten von manchmal nur 3,5 Mbit/s auskommen muß, da sich auf der ersten DVD über 200 Minuten und auf der zweiten fast 240 Minuten befinden und so Artefakte kaum vermieden werden können, aber meist in dem nicht ganz sauber aussehenden Bild sowieso untergehen. Der Umstand, daß der Platz auf der ersten DVD noch nicht einmal ganz ausgenutzt wurde, tut dazu noch sein übrigens.

Insgesamt könnte The Thin Blue Line wirklich besser aussehen, zumal andere britische TV-Serien aus dieser Zeit einen viel besseren Eindruck machen. Immerhin sind diese DVDs zumindest anschaubar, aber mit einer Neuauflage mit besserer Bildqualität ist wegen der relativen Unbekanntheit der Serie kaum zu rechnen.

Ton

Viel weniger problematisch als das Bild und schon fast ideal ist der Ton, der natürlich nur in für die damalige Zeit ganz normalem Stereo vorliegt, aber voll und ganz seinen Zweck erfüllt und auch auf modernen Surround-Systemen wiedergegeben ausgezeichnet klingt.

Die einsamen englischen Tonspuren wurde in Dolby Digital 2.0 mit ausreichenden 192 kbit/s codiert und kann mit einer überraschend lebendigen Abmischung aufwarten, die die Live-Studioatmosphäre der Serie hervorragend wiedergibt. Die Dialoge sind hervorragend verständlich, haben aber offenbar durch die Größe der Kulissen alle einen deutlichen Hall, an den man sich aber schnell gewöhnt. Die Geräuschkulisse ist zwar nicht sehr detailreich, breitet sich bei den wenigen Außenaufnahmen aber über die vordere Soundstage aus und wird ansonsten lediglich von dem etwas künstlich klingenden Publikumsgelächter überschattet, das genauso wie die wenige Musik sehr breit abgemischt wurde. Abgespielt in ProLogic ergibt sich aus diesen Tonspuren ein ganz ordentlicher Raumklang, der aber natürlich die decodierte Kanäle nicht wirklich sauber trennen kann.

Untertitel gibt es auf dieser DVD leider keine, was wegen der dialoglastigkeit der Serie sehr schade ist.

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