Der Film
Der gefürchtete Pirat Yellowbeard (Graham Chapman) wird nicht wegen seiner zahlreichen blutrünstigen Raubzüge verurteilt, sondern wegen Steuerhinterziehung zu zwanzig Jahren Zuchthaus verdonnert. Während um ihn herum die Gefangenen wie die Fliegen sterben, hält der zähe Yellowbeard zum Erstaunen von Commander Clement (Eric Idle) zwanzig Jahre lang durch, aber als er seine Entlassung erwartet wird seine Strafe einfach noch um ein paar hundert Jahre erweitert. Die Engländer hoffen so Yellowbeard zur Flucht zu bringen, damit er sie zu seinem sagenumwobenen Schatz führt, dessen Versteck er nie verraten hat. Als Yellowbeard dann schließlich ausbricht, sind nicht nur die Regierung, sondern auch sein alter Kompagnon Moon (Peter Boyle) mit seinem Faktotum Gilbert (Marty Feldmann) hinter ihm her, die er vor Jahrzehnten um den Schatz betrogen hatte...
Ende der siebziger Jahre begannen sich die Mitglieder der englischen Komikertruppe
Monty Python langsam voneinander zu lösen. John Cleese, Eric Idle, Graham
Chapman, Terry Gilliam und Michael Palin hatten schon während der größten
Monty Python-Erfolge immer auch eigene Projekte unternommen. Als 1983
die Pythons ihren letzten gemeinsamen Film The Meaning of Life
drehten, hatte Terry Gilliam schon mehrere Kinofilme selbst inszeniert
und auch seine Kollegen waren ziemlich fleißig – sogar Graham Chapman,
der sonst nicht soviele Alleingänge gemacht hatte, arbeitete zu dieser
Zeit an einem eigenen Produktion, der sich in ein Genre wagte, das sogar
Monty Python zuvor kaum betreten hatte: dem Piratenfilm.
Terry Gilliam hatte für den letzten gemeinsamen Monty-Python-Film schon
die Versicherungs-Piraten-Farce The Crimson Permanent Assurance
gedreht, aber Graham Chapman wollte noch einen Schritt weiter gehen und
das gesamte Piraten-Genre komplett auf die Schippe nehmen. Die Idee stammte
ursprünglich von The Who-Drummer Keith Moon, einem guten Freund von Graham
Chapman, der aber die Verwirklichung nicht mehr erlebte – er starb im
Herbst 1978, aber Chapman wollte das Konzept des exzentrischen Schlagzeugers
auf jeden Fall umsetzen. Zusammen mit seinem Freund David Sherlock begann
Graham Chapman schon Ende der siebziger Jahre intensiv das Phänomen Piraten
zu recherchieren.
Graham Chapman schrieb das Drehbuch hauptsächlich selbst und mit Bernard
McKenna, mit dem er schon in den siebziger Jahren zusammen gearbeitet
hatte – später, wahrscheinlich während der Dreharbeiten, kam dann auch
noch Schauspieler Peter Cooke dazu. Das Autorenteam hätte die Hilfe von
einem professionellen Drehbuchautor gut gebrauchen können, denn die etwas
wirre Geschichte ist mit zu vielen Gags und Charakteren überfrachtet.
Trotz der unorganisierten Story und den zahllosen kleinen und großen Charakteren
ist das Drehbuch nicht ganz so chaotisch wie man befürchten sollte, denn
die Genre-Elemente sind trotzdem sehr gut ausgearbeitet und geben der
Inszenierung die Chance, den Film zu retten.
Trotz des holperigen Drehbuchs konnte Graham Chapman viel Unterstützung
für die Verfilmung seiner Idee bekommen – die Finanzierung konnte von
den Produktionsfirmen Hemdale und Orion Pictures gesichtert werden, und
überraschend viele namhafte Schauspieler konnten für die Produktion gewonnen
werden. Obwohl Graham Chapman als Autor und Hauptdarsteller auftrat, überließ
er die Regie einem anderen, weil sich der Komiker bewußt war daß er diesem
Job absolut nicht gewachsen war. Die Inszenierung übernahm daher der routinierte
Fernseh-Regisseur Mel Damski, der keinerlei Verbindungen zu Monty Python
hatte und hauptsächlich für die technische Umsetzung des Films zuständig
gewesen sein muß.
Die Besetzung liest sich dagegen wie ein Who-is-Who der britischen und
amerikanischen Comedy-Szene der frühen achtziger Jahre. Neben seinen Python-Kollegen
Eric Idle und John Cleese waren sowohl viele Komiker als auch einige ernste
Schauspieler dabei: aus dem Bekanntenkreis von Mel Brooks kamen Marty
Feldmann, Madeline Kahn, Peter Boyle und Kenneth Mars und wurden von den
britischen Komikern Peter Cooke, Spike Milligan und Nigel Planer ergänzt.
Aus den USA kam das Duo Cheech Marin und Tommy Chong sowie der junge Schauspieler
Martin Hewitt, der gerade erst die dritte Rolle seiner Filmkarriere spielte.
Am erstaunlichsten ist jedoch der kurze Auftritt von James Mason, der
hier als einziger Schauspieler der alten Schule ein bißchen verloren wirkt,
aber dem Film etwas ganz besonderes gibt.
Die Charaktere wurden besonders bei den Komikern nicht wirklich auf die
Schauspieler zugeschnitten, wodurch die meisten ihre Talente nicht so
richtig ausspielen können. Graham Chapman selbst brilliert aber als der
rauhbeinige Captain Yellowbeard, auch wenn der Pirat in der Mitte des
Films für gute zwanzig Minuten fast von der Bildfläche verschwindet und
erst im Finale wieder richtig dabei ist. Trotzdem macht Yellowbeard Johnny
Depps zwanzig Jahre später entstandenen Jack Sparrow alle Ehre und ist
vielleicht der seltsamste, aber nicht schlechteste Pirat der Filmgeschichte.
Komiker-Legende Marty Feldman kann in der Rolle von Yellowbeards Kumpan
und Widersacher Gilbert nicht wirklich überzeugen, weil ihm das Drehbuch
nur wenig zu tun gibt und auch seine komödiantischen Talente nicht vollständig
einsetzte - dennoch hatte Feldman seine besonderen Momente im Film. Vielleicht
war der damals schon nicht mehr wirklich gesunde Marty Feldman auch nicht
mehr in Form, aber es ist eine fast untypische Rolle für ihn, die ihm
nur selten Gelegenheit gibt so richtig zu brillieren.
Chapmans Python-Kollegen haben nur kleinere, aber dafür durchaus tragende
Rollen. John Cleese, der später nicht viel gutes über Yellowbeard
zu sagen hatte, spielt mit sichtbarem Vergnügen Blind Pew, den blinden
Piraten mit dem sechsten Sinn – es ist einer der Charaktere, die eigentlich
keine Funktion im Plot haben und nur als Gefälligkeit für den Schauspieler
hineingeschrieben wurden, aber immerhin noch für einige Späße gut ist.
Im Gegensatz dazu hat Eric Idle als Commander Clement mehr Leinwandpräsenz
und ist mit seiner übertriebenen stocksteifen britischen Art genau der
richtige für so einen Charakter, für die er schon zu Monty Python-Zeiten
Spezialist war.
Die Rolle von Yellowbeards Kumpan Moon war ursprünglich für Keith Moon
vorgesehen, der wüste Schlagzeuger hätte sicher einen tollen Piraten abgegeben.
Nach Moons Tod war die Rolle lange unbesetzt, ging dann aber an Peter
Boyle – der leider nicht allzuviel daraus machte und im Gegensatz zu den
anderen Charakteren keinen bleibenden Eindruck hinterläßt. Mel Brooks-Alumni
Kenneth Mars ist in gleich zwei Rollen zu sehen, kann aber auch seine
besten Talente nicht wirklich ausspielen und wirkt mehr albern als lustig.
Richtige Autorität verbreitet dagegen James Mason als stolzer, wenn auch
unfähiger Captain Hughes – leider wurde aus seiner Rolle viel zu wenig
gemacht.
Peter Cooke als Lord Percy ist in einer der geradlinigeren Rollen des
Films gleich doppelt so beeindruckend und wird von dem jungen Martin Hewitt
unterstützt, der seine Rolle als Piraten-Sohn mit fast zuviel Ernst, aber
auch mit einer gesunden Prise Humor anlegt. Yellowbeards Frau Betty wird
von Madeline Kahn gespielt, die schon mit ähnlichen Rollen in Filmen von
Mel Brooks zuvor bekannt geworden war – eine Piratenbraut hatte aber in
ihrem Repertoire bis dahin noch gefehlt, die sie hier mit sichtlichem
Vergnügen und viel Humor spielt, ohne dabei in typische Klischees zu fallen.
Wie ein Fremdkörper im Film wirkt das amerikanische Komikerduo Cheech
& Chong, dessen Rollen als spanische Eroberer El Nebuloso und El Segundo
offenbar nur in die Geschichte hineingeschrieben wurden um den beiden
einen Gefallen zu tun. Es sind mit Abstand die dümmsten und albernsten
Charaktere des Films – sowohl ihre Texte als auch ihre peinlichen Akzente
sind so unlustig, daß man den Eindruck bekommt als hätte man Cheech Marin
und Tommy Chong einfach auf den Film losgelassen und ihre Art von niveauloser
Comedy machen lassen. Zum Glück befinden sich ihre nervigsten Szenen nur
am Anfang des Films, im Finale sind die Charaktere besser in den Film
integriert.
Der Humor von Yellowbeard ist eine nicht vollkommen gelungene
Mischung aus Monty Python und Mel Brooks, die teilweise, aber nicht komplett
im Niveau leicht abstürzt. Manchmal geraten die Scherze und Dialoge etwas
zu deftig – insbesondere die Vergewaltigungs-Witze, die mehrfach zwischen
Yellowbeard und Betty hin und her gehen sind reichlich geschmacklos, aber
fast die einzigen Humor-Verirrungen des Films. Etwas irritierend ist,
daß sich Yellowbeard nicht ganz entscheiden kann ob er nun ein
reiner Abenteuerfilm oder eine Komödie sein will, denn die humorvollen
Sequenzen wirken manchmal wahllos eingesetzt, als ob der Film zuerst als
Drama konzipiert und erst später zur Komödie umgeschrieben wurde.
Das Produktionsniveau von ist erstaunlich hoch, obwohl die Filmemacher
nicht allzuviel Geld zur Verfügung hatten. Gedreht wurde in britischen
Filmstudios, vor Ort in Mexiko – und alle Szenen auf See entstanden auf
der Boutny, dem Schiff das 1962 für MGMs Mutiny on the Bounty gebaut wurde
und in Florida vor Anker lag. Aus Budgetgründen mußte das einzelne Schiff
für alle drei im Film vorkommenden Schiffe herhalten und jeweils umdekoriert
werden – aber wie die gesamte Ausstattung des Films ist dies sehr gut
gelungen. Die Kulissen und Drehorte wurden sehr stimmungsvoll in Szene
gesetzt, so daß Yellowbeard tatsächlich mit einem Karibik-Feeling im mittelgroßen
Stil aufwarten kann.
Noch mehr zur abenteuerlichen Atmosphäre des Films trägt die Musik von
Mel Brooks’ Hauskomponist John Morris bei. Seine klassischen Piraten-Themen
klingen trotz der offensichtlichen Nähe zu den Vorbildern sehr originell
und machen sich nicht nur als einfache Hintergrundscore, sondern als sehr
melodiöse und fast ohrwurmverdächtige Filmmusik bemerkbar. Auf Songs wurde
zum Glück verzichtet, singende Piraten hätte Yellowbeard nicht auch noch vertragen - dafür
gehört die Filmmusik aber zu den deutlich besseren ihrer Art.
Mel Damskis Inszenierung ist technisch makellos – von perfekt choreographierten
Seeschlachten über sorgfältig geplante Dialogszenen bis zu vernünftig
organisierten Massenszenen ist alles dabei. Die Probleme liegen hauptsächlich
in dem überfrachteten Drehbuch als in der Inszenierung und den Schauspielern,
weshalb Yellowbeard trotzdem eine ganze Menge Spaß macht und
sich ganz knapp auch mit den anderen Filmen der Monty Pythons messen kann
und fest mit zu ihnen gehört.
Traurige Berühmtheit erlangte der Film leider durch den unerwarteten Tod
von Marty Feldman während der Dreharbeiten in Mexiko. Der herzkranke Kettenraucher
Feldman hatte große Schwierigkeiten mit dem extremen Klima und der dünnen
Luft, und als er sich eine akute Lebensmittelvergiftung zuzog, bekam er
einen schweren Herzinfakt und starb im Dezember 1983. Seine letzte Szene
– ironischerweise die Todesszene seines Charakters – wurde mit einem Double
gedreht, weil die Dreharbeiten schon so weit fortgeschritten waren, daß
an ein Aufhören nicht mehr zu denken war. Yellowbeard wurde als
Andenken an Marty Feldman fertiggestellt und blieb Graham Chapmans einzige
eigene große Filmproduktion.
Heute wird Yellowbeard manchmal mit einem Kinderfilm verwechselt
oder als der schlechteste Monty Python-Film von allen bezeichnet – dabei
verbirgt sich hinter der Piratenkomödie trotz des schwachen Drehbuchs
ein ganz hervorragender Film, dessen Stärken die kleinen Probleme sehr
gut wett machen. Wenn man auf die ungezähmte Mischung aus Monty Python
und Mel Brooks vorbereitet ist, kann man sich von Yellowbeard
ganz ausgezeichnet unterhalten lassen.
Die DVD
Yellowbeard war lange Zeit eine echte Seltenheit,
denn die in den achtziger Jahren erschienenen VHS-Kassetten wurden in
Auktionen hoch gehandelt und auch Fernsehausstrahlungen waren sehr selten.
Als Ende der neunziger Jahre die Orion-Rechte von MGM aufgekauft wurden
bestand schon Hoffnung auf eine DVD, aber es sollte noch bis zur Übernahme
von MGM durch Sony dauern bis es dazu kam.
Nun hat Sony unter dem alten MGM-Banner Yellowbeard endlich als
DVD veröffentlicht, aber sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Zwar wird
der Film in einem ganz ordentlichen neuen Transfer im Originalformat und
einer gerade noch adequaten Tonspur geboten, aber es gibt einen Bild-Encodingfehler,
die Disc besitzt keinerlei Extras obwohl es eine unveröffentliches Making-Of
gibt und das Menü besteht nur aus einer Standard-Schablone. Zusammen
mit dem schlecht zusammengewürfelten Cover macht die DVD einen ziemlich
billigen Eindruck, aber es ist trotzdem ein kleines Wunder daß der Film
überhaupt veröffentlicht wurde. Auch wenn die Veröffentlichung nicht
ganz optimal ist, sollte man diese Lowprice-DVD nicht ignorieren, wenn
man schon lange hinter Yellowbeard her ist.
Yellowbeard ist seit kurzem auch in Deutschland unter dem Titel
Dotterbart als DVD erhältlich, die ebenfalls von MGM/Sony
kommt und anscheinend mit der hier rezensierten amerikanischen DVD bis
auf die üblichen regionalen Unterschiede identisch ist. Ob die deutsche
DVD die gleichen MPEG-Encodingprobleme wie die US-DVD hat ist mir nicht
bekannt, aber viel schlechter kann die deutsche Veröffentlichung
eigentlich auch nicht sein.
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Bild
“Remastered in High Definition” hätte man
ausgerechnet bei Yellowbeard vielleicht nicht auf die DVD schreiben sollen,
denn obwohl der Transfer wie bei praktisch allen anderen DVDs in HD gemastert
und auf DVD-Format herunterkonvertiert wurde, merkt man wegen der nicht
wirklich perfekten Filmvorlage nicht besonders viel davon.
Leider ist beim Encoding dieser DVD etwas nicht ganz in Ordnung: während
die Wiedergabe auf einem normalen Röhrenfernseher keine Probleme
macht, zeigt sich auf dem PC unter WinDVD, daß jedes dritte und
vierte Frame vom Deinterlacing je nach Einstellung verfranst oder als
Doppelbild zeigt. PowerDVD hat dagegen mit der Automatik-Einstellung keine
Probleme, vermutlich wurde aber das 3:2-Pulldown-Flag hier falsch gesetzt.
Im Prinzip handelt es sich hier also schon um einen progressiven Transfer,
der nur falsch geflaggt wurde. Die Kompression arbeitet allerdings problemlos,
obwohl der Film auf eine DVD-5 gequetscht wurde und nicht einmal der gesamte
Platz genutzt wurde: Kompressionsartefakte sucht man vergeblich.
Abgesehen von dem Interlacing-Problem macht der Transfer aber für
einen über zwanzig Jahre alten Film einen akzeptablen Eindruck. Die
Filmvorlage scheint eine Kopie mehrfacher Generation zu sein und sieht
nicht wie ein Original-Negativ aus – dafür wurde der Film aber
auch sehr gut gesäubert, so daß nur noch sehr wenige Verschmutzungen
oder Beschädigungen sichtbar sind. Die Filmkörnigkeit wurde
größtenteils herausgefiltert und ist nur in wenigen Szenen
noch zu sehen – die Folge davon ist leider, daß das Bild etwas
verschwommen aussieht. Die Schärfe ist daher nicht wirklich gut,
was einerseits an dem starken Rauschfilter, aber auch an dem verwendeten
Filmprint liegen könnte. Allerdings wurde auch nicht elektronisch
nachgeschärft, wodurch das Bild einen sehr natürlichen, filmähnlichen
Eindruck macht.
Die Farben sind etwas gedämpft, sehen aber trotzdem noch sehr warm
und realistisch aus. Kontrast und Helligkeit sind auf den ersten Blick
in Ordnung, aber in den meisten dunklen Szenen werden zu viele Details
verschluckt und die schwarzen Stellen scheinen den Rest des Filmbilds
regelrecht zu übernehmen. Wahrscheinlich ist dies bei der Filmaufnahme
entstanden, aber ein wenig mehr Kontrast hätte in diesen Szenen sicher
nicht geschadet.
Wenn man bedenkt, daß es sich um einen Film von einem nicht mehr
existenten Studio handelt und deswegen wahrscheinlich die Materialsituation
nicht optimal war, kann man mit diesem Transfer noch zufrieden sein. Für
einen zwanzig Jahre alten Film sieht diese DVD gar nicht so schlecht aus,
schließlich hätte Sony auch irgendein uraltes analoges Master
aus der Schublade herausholen können – immerhin wurde ein neuer
Transfer gemacht und einigermaßen gut gesäubert.
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