The Castle 
Cover

28.06.2005 #336

Update vom 2.11.2010
von Guido Bibra

Titel The Castle
Studio Working Dog / Village Roadshow / Miramax (1997)
Hersteller Miramax Home Entertainment (1999) EAN 7-17951-0043-4
DVD-Typ 5 (3,71 GB) Bitrate ø 5,83 max. 9,0
Laufzeit 83:45 Minuten Kapitel 15
Regionalcode 1 (USA/Kanada) Case Amaray I
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 1.85:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 5.1 Surround Englisch
Untertitel Englisch
Freigabe MPAA R / Canada PG
Extras • Trailer

Der Film

Die Kerrigans sind eine ganz normale australische Familie und sehr stolz auf ihr kleines Eigenheim, das direkt neben den Landebahnen des Melbourner Flughafen liegt. Die zahlreichen Flugzeuge, die tagtäglich über ihr kleines, aber feines Haus brettern stören sie nicht im geringsten - ganz im Gegenteil, denn die Kerrigans sind begeistert von der inmaligen Lage ihrer geliebten vier Wände. Groß ist der Schock als sie eines Tages wegen einer Flughafen-Erweiterung enteignet werden sollen. Trotz einer stattlichen Entschädigung sagt Darryl Kerrigan mit Unterstützung seiner ganzen Familie und ihrern wenigen Nachbarn dem Flughafen-Konzern den Kampf an, denn so ohne weiteres will er sein Castle nicht aufgeben...

 


Die Geschichte von The Castle hätte das Zeug zu einem tränenreichen Drama, wenn es zum Beispiel als deutscher Fernsehfilm produziert worden wäre. The Castle ist aber eins der feinsten Beispiele von bestem australischen Kino - und so wird die potentiell zum Kitschroman taugliche Story zu einer warmherzigen, originellen Komödie über den Kampf einer Familie um ihr Eigenheim.

Verantwortlich für dieses kleine Goldstück von Film war das Working Dog-Team, bestehend aus Santo Cilauro, Tom Gleisner, Jane Kennedy und Rob Sitch. Die vier Multitalente waren seit Ende der achtziger Jahre für das australische Fernsehen in etwa das, was Monty Python zwanzig Jahre zuvor für die BBC war - eine Gruppe von enthusiastischen Komikern, die mit ihrem besonderen Humor die Mattscheibe unsicher machten. Mit Parodien wie Late Show, Frontline, Funky Squad und The Panel gehörten die vier Komiker lange Zeit fest zur australischen Fernsehlandschaft und sind auch heute noch dort aktiv.

Nur zweimal hatte das Working Dog-Team einen Ausflug auf die große Leinwand gemacht - The Dish, eine liebevolle Komödie über die Ereignisse in einem australischen Radioteleskop während der ersten Mondlandung, wurde ein richtig internationaler Erfolg der es sogar bis nach Deutschland geschafft hatte, aber ihr erster Film The Castle blieb nur in Australien wirklich bekannt.

Geschrieben in zwei Wochen und gedreht mit minimalem Aufwand in nur elf Tagen ist The Castle eine Low- bis No-Budget-Produktion wie sie im Buche steht, aber das hat dem Film überhaupt nicht geschadet und macht gerade einen großen Teil seines Charmes aus. Den niedrigen Produktionswert merkt man The Castle kaum an, einen billigen Eindruck macht der Film wirklich nicht - dafür sorgen das hervorragend ausgeklügelte Drehbuch, die sympatischen Schauspieler und die gekonnte Inszenierung.

Eigentlich stecken in The Castle gleich zwei Filme auf einmal: ein Portrait einer australischen Mittelklasse-Familie und der Kampf des kleinen Mannes gegen die Mühlen des Gesetzes. Der Film beginnt mit einer ausführlichen Vorstellung der Familie. Dale, der jüngste Sohn der Kerrigans, erzählt Stolz von seinen Geschwistern und seinen Eltern. Es ist keine perfekte Familie, aber eine glückliche - heutzutage, wo alles immer voll mit Neurosen, Psychosen und Skeletten im Schrank sein muß, eigentlich ein Unding.

Darryl Kerrigan und seine Familie mögen vielleicht einfach, simpel und mit wenig Anspruch sein, aber sie sind noch lange nicht dumm. Auf ihre ganz eigene Weise sind die Kerrigans sehr intelligente Leute und vor allen Dingen noch richtige Menschen, denen es auf das wesentliche ankommt. “It's not just a house, its a home!” meint Darryl, als er nicht verstehen kann wieso ihnen ihr Haus weggenommen werden soll. Für ihn und seine Familie ist das Haus nicht nur eine Immobilie, sondern ein Teil des Lebens, das man nicht einfach mit einem Batzen Geld ersetzen kann. Die Kerrigans werden als typische Working-Class-Familie dabei nicht abwertend dargestellt, aber auch nicht auf einen goldenen Thron gesetzt. Wenn The Castle eine Botschaft hat, dann ist es diese: Schaut euch die Kerrigans an, warum könnt ihr nicht auch so glücklich sein wie sie?

Der Kampf der Kerrigans um ihr Haus ist aber nur ein Teil des Films, denn gleichzeitig hat sich das Working Dog-Team auch darauf konzentriert, dem Zuschauer den Makrokosmos der Kerrigan-Familie nahezubringen. The Castle ist keine stumpfe Reality-Show, kein Familiendrama, und auch keine trockene Dokumentation – nur ein Blick auf eine typische australische Familie der Arbeiterklasse, die ein wenig exzentrisch, aber gerade deswegen besonders liebenswert ist. The Castle im gleichen Satz mit amerikanischen Schenkelklopfern wie Married with Children oder europäischen Machwerken wie Flodder in einem Satz zu nennen, wäre schon fast eine Beleidigung für das Working Dog-Team.

Das Drehbuch der vier Filmemacher sprüht nur so von Ideen und Witz, ist aber gleichzeitig auch nicht überladen damit. Die Geschichte ist sehr gut strukturiert, in keiner Minute des Films hat man das Gefühl daß die Handlung überflüssig ist oder sich zu lange hinzieht, auch wenn der rote Faden des Films manchmal für kleine Spritztouren verlassen wird. Mit den vielen Subplots und Geschichten wirkt The Castle manchmal wie eine auf anderthalb Stunden konzentrierte Fernsehserie, kann aber gerade dadurch viel intensiver und deutlicher sein.

Die Dialoge sind sehr natürlich und ungezwungen geschrieben worden - hier wird sozusagen dem Volk aufs Maul geschaut, wozu auch einige Kraftausdrücke gehören. Trotz zahlreicher F-Worte wirken die Texte aber nie ordinär - bis auf die gelegentlichen (aber sehr menschlichen) Wutausbrüche wird in The Castle eigentlich ein relativ gesittetes, aber halt umgangssprachliches australisches Englisch gesprochen.

Das Drehbuch von The Castle ist die halbe Miete, die Schauspieler sind die andere Hälfte. Die Filmemacher hatten sogar in Australien relativ unbekannte Schauspieler gefunden, die ihre Rollen bis zu den kleinsten Nebencharakteren absolut brilliant darstellen. Michael Caton spielt das Familienoberhaupt Darryl Kerrigan mit entwaffnender Ehrlichkeit und schafft es damit, den "kleinen Mann auf der Straße" ganz locker und natürlich herüberzubringen und übertreibt dabei kein bißchen. Catons Darryl Kerrigan hätte ein Macho und Proll hoch zehn sein können, stattdessen ist es ein stolzes Familienoberhaupt, daß vor seiner Frau und seinen Kindern den allergrößten Respekt hat.

Stephen Curry als Dale, dem jüngsten Sohn der Kerrigans, hält mit seinem teils ernsten und teils humorvollen Off-Kommentar die verschiedenen Episoden des Films zusammen und ist ansonsten zusammen mit Sophie Lee, Anthony Simcoe und Wayne Hope als die anderen Kerrigan-Kinder mehr im Hintergrund des Films zu sehen, zeigt aber deshalb nicht weniger Schauspieltalent. Anne Tenny als verständnisvolle und aktive Mutter Sal Kerrigan genauso wie Michael Caton einer der Standbeine der Schauspielertruppe und spielt ihre Rolle sehr resolut und vor allen Dingen realistisch.

Bemerkenswerte kleinere Nebenrollen sind Tiriel Mora als überforderter Anwalt Dennis Denuto und Charles “Bud” Tingwell als der zur Rettung eilende Lawrence Hammill. Europäische Zuschauer werden Tingwell noch gut als Inspector Craddock in den Miss-Marple-Filmen mit Margaret Rutherford in Erinnerung haben – hier ist er zwar vierzig Jahre älter, hat aber immer noch den gleichen Charme wie früher und stellt mehr als nur eine gutmütige Großvater-Figur dar.

Obwohl die Produktion unter ziemlichem Zeitdruck entstanden sein muß, haben die Schauspieler sichtlichen Spaß an der Arbeit. Man merkt aber auch die Disziplin und Kontrolle von Rob Sitchs Regie, die unter diesen Bedingungen sicher auch nötig war. Trotzdem greifen die Schauspieler wie eine gut geölte Maschine ineinander und haben ein einmaliges und völlig natürliches Timing. Durch die lockeren Auftritte haben die Schauspieler dann auch gleich einen ungeheuren Sympathiebonus bei den Zuschauern, die sich leicht mit dieser merkwürdigen, aber sehr netten Familie identifizieren können.

The Castle besticht außerdem durch seine filmemacherischen Einfachheit – es ist nicht so ganz der Guerilla-Stil von Kevin Smith's Clerks, aber die Art fast ohne ein Studio auszukommen und praktisch alles vor Ort zu drehen macht einen großen Teil der entspannten Atmosphäre aus. Hier gibt es keine Special-Effects, keine rasanten Kamerafahrten, aber trotzdem macht The Castle den Eindruck eines professionell produzierten Films – etwas, was das Working Dog-Team sicher in langjähriger Fernseherfahrung hervorragend gelernt hat. Die ausführliche Postproduktion inklusive der perfekten Musikauswahl - eine Mischung aus Popsongs und einer orchestralen Score von Edmund Choi - trägt auch zu dem hervorragenden Stil des Films bei.

The Castle ist genauso wie sein Quasi-Nachfolger The Dish ein ganz bemerkenswerter kleiner Film, der das Comedy-Genre völlig neu definiert und eine willkommene Abwechslung zum heutzutage üblichen Holzhammer-Humor ist. Eigentlich läßt sich der Film gar nicht richtig einordnen - wer hier eine etwas tumbe Aussie-Komödie à la Crocodile Dundee erwartet, wird sehr angenehm überrascht sein. Um es mit den Worten von Dennis Denuto zu sagen: "It's the vibe!"

Für das amerikanische und europäische Massenpublikum ist so ein Film natürlich uninteressant, aber in Australien war The Castle ein ziemlich großer Erfolg. 1999 brachte Miramax den Film in die amerikanischen Kinos, wo er aber keinen großen Eindruck hinterließ, und auch in Europa konnte der Film auf keinen grünen Zweig kommen – für Liebhaber feiner Komödien eigentlich ein gutes Zeichen.

Die DVD

The Castle gibt es nur in Australien und in den USA als DVD – während es die amerikanische DVD dank Miramax schon seit 1999 gibt, hat die australische DVD bis 2004 auf sich warten lassen und hatte auch nur einen gräßlichen Vollbild-Transfer zu bieten, der erst 2008 durch eine verbesserte Widescreen-Neuauflage abgelöst wurde. Die Miramax-DVD besitzt auch einen anamorphen Transfer im 1.85:1-Format und als Bonusmaterial wenigstens einen Trailer, aber es ist auch eine leicht amerikanisierte Fassung des Films, auf dessen Tonspur einige Dialogzeilen geändert wurden. Das fällt allerdings kaum auf und macht den Film wirklich nicht schlechter. Hartnäckige Gerüchte, daß die amerikanische Fassung gekürzt wäre, läßt sich nicht bestätigen - alleine von der Laufzeit her ist die US-DVD identisch mit der australischen Version.

Die hier rezensierte DVD ist die längere Zeit nicht im Handel erhältlichen Miramax-Veröffentlichung, die vor kurzem wieder neu aufgelegt wurde. Wie man an den Datumsstempeln der Dateien sehen kann, handelt es sich 1:1 um die gleiche Disc, die vor fast sechs Jahren veröffentlicht wurde – technisch natürlich nicht ganz perfekt, aber bei einem Film wie The Castle spielt die Qualität eigentlich keine so große Rolle und unter diesem Gesichtspunkt kann man den Film von dieser DVD immer noch hervorragend genießen. Eine bessere Alternative gibt es allerdings inzwischen mit der australischen Widescreen-Neuauflage - Extras gibt es jedoch auf keiner der DVDs.

Bild

The Castle wurde aus naheliegenden im Super16-Format gedreht, das schon von Haus aus keine wirklich pristine Bildqualität bieten kann. Die Miramax-DVD wurde anscheinend von einem amerikanischen 35mm-Interpositiv abgetastet und ist wirklich kein Meisterstück, aber angesichts des sicher nicht einfachen Quellmaterials und dem Alter des Transfers durchaus zufriedenstellend.

Zuerst fällt die unterdurchschnittliche Schärfe auf, die bei echtem 35mm-Material unverständlich wäre, aber bei 16mm-Film noch akzeptabel ist. Ärgerlich ist dagegen, daß die Körnigkeit des Filmmaterials ziemlich stark gefiltert wurde, was aber vermutlich schon während dem Umkopieren von 16 auf 35mm geschehen ist, denn ein wenig weiche Körnigkeit ist stellenweise noch sichtbar. Das Framing wirkt an manchen Stellen am oberen Bildrand etwas eng, aber es ist doch deutlich sichtbar, daß der Bildausschnitt schon beim Filmen auf 1.85:1 ausgelegt war. Ein kurzer Vergleich mit dem Fullframe-Trailer zeigt allerdings, daß bei einer 1.33:1-Version an den Seite noch viel mehr abgeschnitten und die Bildkomposition einen viel schlechteren Eindruck machen würde.

Das Farbtiming ist im Prinzip problemlos, hat aber im Gegensatz zum Trailer einen deutlichen Grünstich, der aber nur im direkten Vergleich wirklich auffällt. Der Kontrast ist etwas zu niedrig und das Bild sieht manchmal etwas blaß aus, was sich aber auch im erträglichen Rahmen hält. Ab und zu ist der Bildstand etwas wackelig, aber wenigstens leistet sich das Bild sonst kein auffälliges Flattern. Die Filmvorlage ist relativ sauber, ein paar einzelne Fussel und Staubkörnchen sind aber dennoch gelegentlich sichtbar.

Natürlich fragt man sich hier, wie ein Film von 1997 eine so schlechte Bildqualität haben kann, aber für eine sechs Jahre alte DVD von einem auf 16mm gedrehten Film macht diese Disc dann doch keinen so schlechten Eindruck.

Ton

Erfreulicher gibt sich dagegen die einsame Dolby-5.1-Tonspur dieser DVD, die für einen Film der fast nur aus Dialogen besteht überraschend aktiv ist und eine ganz ordentliche Tonqualität bietet. Ob es sich hier um einen Upmix handelt oder der Film schon immer mit 5.1-Ton ausgestattet war, ist mir nicht bekannt, aber eigentlich macht diese Tonspur nicht den Eindruck ein gewaltsamer Upmix zu sein.

Die Stimmen sind sehr gut verständlich, was bei einem solchen in ziemlicher Eile produzierten Film nicht unbedingt selbstverständlich ist. Ab und zu hören sich die Dialoge szenenabhängig ein klein wenig dünn an, aber insgesamt liegt die Qualität doch im Bereich eines Mainstream-Films mit dickem Budget. Überraschend ist, daß direktionale Dialoge eingesetzt werden, die gelegentlich aus den Ecken der vorderen Soundstage zu hören sind. Auch so etwas wie Raumklang hat der Film zu bieten: dafür ist hauptsächlich die Musik zuständig, aber auch ein paar ganz direkte Effekte sind dabei. Wenn ein Flugzeug über den Kopf des Zuschauers brettert, dann bekommt man das auch ganz kräftig auf der Tonspur zu hören – aber auch auf ein paar leise Umgebungsgeräusche wird nicht verzichtet.

Insgesamt hat man es hier mit einer erstaunlich guten Tonspur zu tun, die beinahe gar nicht zu der mehr durchschnittlichen Bildqualität passen will und sogar seine sechs Kanäle nicht völlig vergeudet.

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