Clerks X. 10th Anniversary Edition
Cover

20.12.2004 #299

Titel Clerks
Studio Miramax (1994)
Hersteller Miramax Home Video / Alliance Atlantis (2004)
DVD-Typ 3x9 (7,25 / 7,49 / 7,37 GB) Bitrate ø 6,35 max. 9,0
Laufzeit 91 Minuten Kapitel 19
Regionalcode 1 (Kanada) Case Amaray I
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 1.85:1 16:9 no
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Surround 192 kbit/s Englisch, Kommentar
Untertitel Englisch
Freigabe Canadian Home Video Rating 18
Extras Disc 1
• Classic Commentary, Circa '95 - Featuring Kevin, Mos, Mewes, Brian and Others
• Enhanced Playback Track
• "Clerks": The Lost Scene
• "The Flying Car"
• MTV Spots with Jay & Silent Bob

Allgemeines

"I'm not even supposed to be here today!" - Dante Hicks hat eigentlich schon gestern den ganzen Tag gearbeitet, aber er wird schon am nächsten Morgen wieder von seinem Boß aus dem Bett geklingelt. Zu groggy um sich eine gute Entschuldigung einfallen zu lassen, bleibt ihm nichts anderes übrig bei seinem Job als Kassierer in einem kleinen Quickstop-Supermarkt anzutreten. Nichts böses ahnend erwischt es Dante gleich von der ersten Minute an, und der Rest des Tages entwickelt sich für ihn zur Hölle auf Erden. Probleme mit seiner Freundin werden vom Auftauchen seiner Ex-Freundin unterbrochen, sein Kumpel Randall hängt mehr im Quickstop herum als in der Videothek, wo er eigentlich hinter der Kasse stehen sollte, ein Ausflug zu einer Totenfeier entwickelt sich zum Desaster, das anstehende Hockeyspiel wird aufs Dach des Ladens verlegt und vor dem Shop lungern zwei dubiose Typen namens Jay und Silent Bob herum - da sind nervige Kunden nur ein nebensächliches Problem für Dante.


A long, long time ago in a convenience store far far away... (Jay & Silent Bob Strike Back)

Der Ort: Leonardo, New Jersey, USA, Quick Stop Groceries. Die Zeit: die frühren neunziger Jahre. Die Person: Kevin Smith, Ladenhüter des besagten Mini-Supermarkts.

Als Highschool-Abgänger und Kind von nicht armen, aber auch nicht besonders reichen Eltern war Kevin Smith in seiner Jugend auf diverse Nebenjobs angewiesen, um sich einen gewissen Lebensstandart leisten zu könnn. Als echter Amerikaner ging er dabei nach dem Prinzip vor mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel Geld zu verdienen - und blieb nach vielen anderen Jobs schließlich hinter der Kasse eines kleinen Supermarkts hängen. Sein Traum als Filmfreak war eigentlich in der benachbarten Videothek zu arbeiten, die den gleichen Besitzer wie der Quick Stop hatte, aber der ließ ihn nur selten dort arbeiten.

Es war 1991, als Kevin Smith mit seinen Freunden Richard Linklaters Slacker im Kino sah, einen der ersten Filme, die mit ganz minimalen Mitteln gedreht und auf Robert Redfords Sundance Film Festival bekannt wurden. Slacker war der Beginn von Kevin Smiths Interesse, selbst einen Film zu drehen. Zur Enttäuschung seiner Buddies Ed, Bryan und Walter entschied sich Kevin Smith alleine bei der Vancouver Film School für eine achtmonatige Ausbildung zu bewerben. Um die 9000 Dollar Gebühren zu bezahlen, opferte er sogar seine CD- und Comicheft-Sammlungen, aber es lohnte sich: er wurde angenommen und begann 1992 mit der Ausbildung in Vancouver.

Auf der Filmschule traf Kevin Smith Scott Mosier - eine Partnerschaft, die bis heute anhält. Zusammen wollen die beiden im ersten Semester eine Dokumentation über einen Transvestiten drehen, aber als ihr Subjekt plötzlich untertaucht haben sie kein Thema mehr. Um wenigstens noch etwas vorweisen zu können, funktionierten sie den Film zu einer Dokumentation über ihren eigenen mißlungenen Versuch eine Doku zu drehen um. Kevin Smith, von der Filmschule etwas enttäuscht, entschloß sich die Gebühren für das zweite Semester für eine zukünftige Filmproduktion zu sparen und machte mit Scott Mosier einen Deal: wer mit dem schreiben seines Films zuerst fertig wird, wird für den anderen arbeiten. Während seiner Zeit an der Vancouver Film School machte sich Smith Gedanken über den Inhalt seines Films, und kam zu dem Ergebnis das zu verwenden was er am besten kennt: sein Leben als Angestellter im Supermarkt.

Wieder zurück in New Jersey kehrte Kevin Smith zu seinem alten Job im Quick Stop zurück, machte aber zur Bedingung daß er in Naher Zukunft vielleicht einen Film in diesem kleinen Laden drehen wollte. Überraschenderweise bekam er vom Besitzer grünes Licht, und begann ernsthaft sein Drehbuch zu schreiben. Die erste Version von Clerks war nach etwa einem Monat fertig, die Smith sofort an Scott Mosier schickte, der noch in Vancouver auf der Filmschule war. Smith und Mosier begannen sich Gedanken über die Finanzierung des Films zu machen und stießen auf einen Artikel im Filmmaker's Magazine, in denen die Budgets von anderen sehr billig produzierten Filmen aufgelistet wurden. Mit Hilfe dieser Anhaltspunkte wurde das Budget von Clerks gestaltet, das 25000 Dollar nicht übersteigen sollte - eine Summe, die Kevin Smith mit Hilfe seiner Kreditkarten vorfinanzieren konnte, aber auch noch einen wertvollen Teil seiner Comicheft-Sammlung verkaufen mußte.

Als Produzent fungierte Scott Mosier, der während der Vorbereitungen aber noch in der Vancouver Film School war und von da aus die meisten Dinge koordinierte. Ursprünglich sollte die Preproduction schon Ende 1992 beginnen, aber als im Dezember eine riesige Flut Kevin Smith's Heimatstadt Highlands verwüstete und auch das Haus seiner Eltern schwer mitnahm, mußten diese Pläne wieder verwerfen. Stattdessen wurde der offizielle Produktionsbeginn auf März 1993 festgelegt.

Kevin Smith hatte Clerks ursprünglich mit sich selbst als Randall und seinen Freund Ernie O'Donnel als Dante geplant, aber dann begann er Vorstellungsgespräche in einem kleinen Theater in Highlands durchzuführen, wo richtige Schauspieler zur Auswahl standen. Nach einigen komplizierten Entscheidungen, die auch schonmal darin bestanden einem guten Freund die Hauptrolle wegzunehmen, stand die Besetzung mit Brian O'Halloran als Dante, Jeff Anderson als Randall, Marylin Ghigliotti als Dantes Freundin Veronica und Lisa Spoonhauer als Dantes Ex-Freundin Caitlin. Und natürlich Kevin Smith selbst als Silent Bob und das Plappermaul Jason Mewes, einer seiner ehemaligen Schulkollegen, als Jay.

Geprobt wurde monatelang an "Originalschauplätzen" - entweder dem Quickstop oder der Videothek, bevor schließlich die Dreharbeiten wirklich beginnen konnten. Das technische Team bestand lediglich aus Scott Mosier, der hauptsächlich für die Tonaufnahme zuständig war, dem von ihm ausgesuchten Kameramann David Klein und Ed Hapstack als Best Boy, der sich hauptsächlich um die Beleuchtung und alles andere kümmerte. Kevin Smith selbst hielt als Regisseur alle Fäden in der Hand und achtete schon in den Proben peinlichst genau darauf achtete, daß sein Drehbuch genau eingehalten wurde. Die technische Ausrüstung war ein absolutes Minimum: es gab nur eine 16mm-Arriflex-Kamera, ein Tonbandgerät mit Mikrofon und einige Leuchten, ansonsten fast überhaupt nichts.

Der gesamte Film wurde innerhalb von nur drei Wochen gedreht, und das fast ausschließlich mitten in der Nacht, wenn die beiden Läden geschlossen waren. Die Dreharbeiten waren ziemlich angespannt, denn man hatte nur eine sehr begrenzte Menge an Filmmaterial zur Verfügung und maximal zwei oder drei Takes für jede Szene. Versprecher waren teuer, aber die meisten Szenen wurden allerhöchstens zweimal gedreht, um später für den Schnitt wenigstens ein wenig auswählen zu können. Die Dreharbeiten verliefen den Umständen entsprechend relativ gut und wurden von keinen größeren Katastrophen heimgesucht, obwohl sowohl Filmcrew als auch Schauspieler tagsüber arbeiteten und nachts den Film drehten und so gleich doppelt belastet waren. Innerhalb von etwas mehr als zwanzig Tagen war Clerks im Kasten, aber noch lange nicht fertig.

Die "Postproduktion" des Films bestand hauptsächlich daraus, die zahllosen einzelnen Takes zu einem fertigen Film zusammenzusetzen. Geschnitten wurde Clerks nicht etwa in einem modernen Schneideraum, sondern im Hinterzimmer von RST-Video auf einem altmodischen Steembeck-Schneidetisch. Kevin Smith und Scott Mosier schnitten den Film innerhalb von einigen Wochen zusammen und zeigten ihn dann das erste Mal auf dem Monitor des kleinen Schneidetischs ihrem engsten Freundeskreis, denn schließlich war es ein Film über alle diese Leute. Die Reaktionen waren äußerst positiv und der Wiedererkennungseffekt sehr hoch - nun hatte Kevin Smith einen Film, aber auch fast 30.000 Dollar Schulden.

Der nächste Schritt war den Film unter die Leute zu bringen. Kevin Smith gelang es, Clerks auf dem 15. Independent Feature Film Market zeigen zu lassen, und das im gleichen New Yorker Kino, in dem er drei Jahre zuvor Slacker gesehen hatte, der auch durch den IFFM bekannt wurde. Clerks wurde am letzten Tag des Filmfestivals gezeigt, was den großen Vorteil hatte daß man die ganze Woche ordentlich Publicity und Werbung machen konnte. Am 3. Oktober 1993 wurde Clerks in Anwesenheit aller Schauspieler und Crewmitglieder erstmals auf einer großen Leinwand gezeigt, aber der Sonntag erwies sich als schlechter Tag, denn die Massen von Zuschauern die die ganze Woche über zu den anderen Filmen ins Angelika geströmt waren, waren nun nicht mehr da. Kevin Smith und seine Freunde waren entsetzt und bekamen ernsthafte Zweifel, ob der Film überhaupt etwas taugen würde.

Die Rettung kam in Gestalt von Bob Hawk, einem Independent-Film-Consultant, der den Film bei seiner einzigen Vorstellung gesehen hatte. Er empfohl Clerks an einige bekannte Journalisten, die sich den Film dank einer Videokassette in der Bibliothek des IFFM nochmals ansehen konnten und die schließlich Artikel in bekannten Filmmagazinen schrieben. Schließlich gelangte der Film in die Hände der Promoter John und Jane Pierson, die echtes Potential in Clerks sahen und Kevin Smith eine Chance geben wollten. Durch einen Artikel von Amy Taubin wurde außerdem Mark Tusk von Miramax auf Clerks aufmerksam und arrangierte eine Vorführung des Films für die Angestellten und Chefs des Studios. Während die jüngeren Mitarbeiter alle begeistert waren, verließ der große Boß Harvey Weinstein nach einer Viertelstunde den Vorführraum, was letztendlich dazu führte daß Miramax den Film vorerst ablehnte.

Wieder war es Bob Hawk, der Clerks für das Sundance Film Festival vorschlug - aber den Film durch das komplizierte Aufnahmeverfahren des Festivals zu kriegen war wegen der reichlich "erwachsenen" Sprache und den für manche Leute anzüglich erscheinenden Themen nicht einfach. Sundance-Chef Geoff Gilmore gelang es letztendlich aber doch, trotz aller Bedenken die Bahn für Clerks freizumachen und es einfach drauf ankommen zu lassen. Am 22. Januar 1994 wurde Clerks das erste Mal vor einem großen Publikum gezeigt, das enthusiastisch reagierte. Weitere Vorstellungen waren schnell ausverkauft, weil Journalisten ihre ersten, fast durchgängig positiven Kritiken schrieben und Clerks plötzlich in aller Munde war. Mark Tusk von Miramax nutze die plötzlich explodierende Publicity um seinen Chef Harvey Weinstein noch einmal dazu zu bewegen den Film ganz anzuschauen. Auf der letzten Sundance-Vorstellung war es dann soweit - entgegen allen Erwartungen war Harvey Weinstein doch noch von Clerks begeistert, und noch am gleichen Tag wurde ein vorläufiger Deal zwischen Kevin Smith's ViewAskew Productions und Miramax festgemacht.

Der Vertrag mit Miramax ermöglichte Kevin Smith nicht nur seine fast 30.000 Dollar Schulden von der Clerks-Produktionskosten zu tilgen, das Filmstudio kümmerte sich auch um eine richtige Postproduktion des Films. Die 107 Minuten lange Urfassung des Films wurde noch einmal neu geschnitten und auf 96 Minuten Lauflänge gebracht, in dem einige Szenen herausgenommen oder gestrafft wurden - außerdem erhielt Clerks eine Soundtrack aus Popsongs, von denen einige extra für den Film geschrieben wurden. Insgesamt kostete diese zweite Postproduktion fast zehnmal soviel wie das ursprüngliche Budget, was aber sogar für das damals noch relativ kleine Studio Miramax nur Peanuts waren. Mit einer USA-weiten Release gelang es Clerks schnell ein vielfaches seiner Produktionskosten wieder einzuspielen und bald wurde der Film auch auf der ganzen Welt auf Filmfestivals und sogar in regulären Kinos mit großem Erfolg gespielt.

Clerks bestehtzu 99% aus Dialogen, die Handlung besteht lediglich aus kurzen Episoden - passieren tut kaum etwas, aber der Zuschauer bekommt im Laufe des Films eine immer größer werdende Einsicht in die Charaktere, ihre Welt und in ihr Leben, bis man am Schluß eine ziemlich genaue Ahnung hat wer sich den ganzen Tag hinter der Kasse des Quickstops die Zeit um die Ohren geschlagen hat. Clerks ist eine kleine, ungewöhnliche Charakterstudie der zwei working class heroes Dante und Randall und ihre Allerweltssituation. Nichts könnte eigentlich langweiliger sein, aber man hört gerne anderthalb Stunden lang den Gesprächen der beiden zu, die sich zwischen tiefgründiger Philosophie und blühendem Blödsinn abwechseln.

Das minimalistische Aussehen des Films hatte hauptsächlich finanzielle Gründe, aber der graue, körnige 16mm-Schwarzweiß-Look trägt eine Menge zu der besonderen Atmosphäre des Films bei. David Kleins Kameraarbeit ist durch die beengten Räumlichkeiten und eingeschränkten technischen Möglichkeiten natürlich sehr simpel, aber doch weit von einfachem Point & Shoot entfernt. Viele Einstellungen sind sehr gut durchdacht, aber aufwendige Schnitte bei Dialogen waren natürlich technisch bedingt erst gar nicht möglich. Lediglich die schnellen Schwenks bei der einzigen Autofahrt des Films wirken etwas amateurhaft, aber ansonsten bemerkt man die einfache Kameraarbeit eigentlich kaum.

Mit dem ursprünglichen Schluß, in dem Dante von einem Räuber erschossen wird, wirkt Clerks tatsächlich sehr deprimierend und verändert auch die gesamte Aussage des Films. Das gekürzte "Happy End" zielt dagegen mehr auf die Tatsache, daß jeder noch so mieserable Tag irgendwann mal ein Ende hat und Dante und Randall sicher nicht verdammt sind bis ans Ende ihrer Tage im Quickstop und der Videothek zu arbeiten. (Letzteres wird man noch herausfinden, wenn Kevin Smith 2005 in der Fortsetzung "The Passion of the Clerks" die Geschichte von Dante und Randall weitererzählt).

Schauspielerisch darf man von einem Film wie Clerks, der unter ziemlich extremen Bedingungen entstanden ist sicher keine hohe Meßlatte anlegen, aber dafür daß die meisten der Schauspieler noch keine große Erfahrung hatten, ist ihre Leistung wirklich nicht schlecht. Man hat bis auf ein paar kurze Momente wirklich das Gefühl es mit richtigen Personen zu tun zu haben - das gibt dem Film fast einen dokumentarischen Effekt. Fast immer bringen die Schauspieler ihre Texte in den teilweise sehr langen Takes durchweg überzeugend herüber, die Darstellungen sind durchweg schonungslos ehrlich und nur wenig übertrieben.

Manche mögen Clerks für ein obszönes Machwerk halten, was angesichts der ziemlich frechen und unanständigen Dialoge verständlich ist, aber gerade dieser rauhe Ton ist einer der wichtigsten Erkennungsmerkmale von Clerks. Während die heutigen Teeniekomödien solche Sprache hauptsächlich nur benutzen, weil die Autoren sie für besonders cool halten, ist es für Kevin Smith ein ganz alltäglicher Slang in den er seine Ideen und Beobachtungen verpackt. Viele seiner Clerks-Dialoge sind mittlerweile zu echten Klassikern geworden, auch wenn sie auf den ersten Blick obszön erscheinen.

Auch zehn Jahre nach seiner Entstehung hat Clerks nichts an seiner Aktualität verloren. Der einzigartige Blick auf die junge Arbeiterklasse in Amerika (und nicht nur dort) ist eine gekonnte, brilliant beobachtete Realsatire auf die kläglichen Überreste des American Way of Life. Clerks wurde zwar mehr oder weniger durch Zufall zum Erfolg, ist aber deshalb nicht weniger gelungen.
Clerks gibt es schon fast genauso lange wie den Film selbst auf Video und schon 1995 erschien von Miramax eine Laserdisc des Films, die schon hervorragend ausgestattet war und drei Jahre später auch als direkt portierte DVD erschien. Als die ersten Gerüchte einer Neuauflage zum zehnten Jubiläum des Films aufkamen und die ersten Extras vollmundig auf der eigenen Seite von ViewAskew angekündigt wurden, wollte niemand so wirklich daran glauben - aber Kevin Smith hat es doch geschafft alle zu überraschen und eine Neuauflage der Clerks-DVD zu produzieren, die anderen Special-Editions das fürchten lehren kann. Clerks X, auch genannt die 10th Anniversary Edition ist nicht nur für die Besitzer der alten DVD ein Pflichtkauf, sondern gehört in jedes gut ausgestattete DVD-Regal.

Ein wort noch zu der kanadischen Version des Sets, das ich hier rezensiert habe: in Kanada besitzt Alliance Atlantis die Rechte an den Miramax-Filmen und hat in der Vergangenheit öfter ihre eigenen Versionen von amerikanischen DVDs ziemlich versaut, aber das ist mit der neuen Clerks-DVD zum Glück nicht passiert. Das wundervolle Digipack wurde fast 1:1 umgesetzt, die zusätzlichen französischen Texte sind kaum bemerkbar und der Inhalt der DVDs wurde überhaupt nicht verändert. Ob man nun die amerikanische oder kanadische Version kauft, macht hier zum Glück keinerlei Unterschied.

Bild

Clerks wurde aus finanziellen Gründen nur mit einfachsten Mitteln gedreht - einer einzigen 16mm-Kamera und schwarzweißem Filmmaterial. Daher kann die Bildqualität natürlich nicht mit einem millionenschweren Hollywoodfilm konkurrieren, aber der neue Transfer schafft es noch alles aus dem 16mm-Material herauszuholen was noch herauszuholen ist.

Für diese DVD wurde Clerks das erste Mal von einem 16mm-Interpositiv unter der Aufsicht von Kameramann David Klein abgetastet, denn der Transfer der früheren DVD wurde nur von einer 35mm-Kopie des Films gemacht. Hier merkt man im Vergleich zur früheren Version deutlich, daß man es mit einer nahen Kopie des Kameranegativs zu tun hat. Die Filmvorlage wurde für die neue DVD sehr gut gesäubert, die wenigen Kratzer und Fussel die auf der früheren Version noch zu sehen waren, sind nun vollständig verschwunden. Die hohe Körnigkeit des stark lichtempfindlichen Filmmaterials wurde allerdings nicht angetastet und ist in ihrer vollen Pracht zu sehen - wenn diese mit einem Rauschfilter entfernt worden wäre, hätte man nicht mehr viel vom Bild übrig gehabt.

Die Schärfe ist für 16mm-Material ganz zufriedenstellend, kann aber natürlich keine Preise gewinnen - dennoch ist die Schärfe im ganzen Film konstant und schwankt nicht. Um Farben braucht man sich hier keine Sorgen zu machen, aber Kontrast und Helligkeit sind schon immer ziemlich extrem ausgefallen. Manche Szenen sind leicht unter- oder überbelichtet, und in einem Laden voll mit Neonröhrenbeleuchtung zu drehen war sicher nicht ganz einfach. Der neue Transfer korrigiert einige dieser Makel mit einer geringfügigen Helligkeitsanpassung, und man hat den Eindruck daß nun einige Graustufen mehr und nicht nur schwarz und weiß zu sehen sind.

Die neue DVD wurde wieder auf 1.85:1 gemattet, zeigt aber im Vergleich zum früheren Transfer ein klein wenig mehr vom Bild. Clerks wurde zwar ursprünglich in 1.33:1 gedreht, aber Kameramann David Klein hat die Bildkomposition schon auf eine Breitwand-Projektion ausgerichtet, so daß der Film auf das 1.85:1-Standardformat gemattet viel besser und nicht so sehr nach Fernsehen aussieht. Eine Fullframe-Abtastung wurde für die neue DVD nicht gemacht, was aber kein Verlust ist da der Film in seiner Kinofassung immer so zu sehen war.

Die auf der zweiten Disc dieser 10th Anniversary Edition enthaltene "First Cut" ist von der Bildqualität eine völlig andere Geschichte, denn die Urfassung von Clerks überlebte die letzten zehn Jahre nur in Form einer SVHS-Videokassette - und wie das aussieht, muß ich ja sicher niemandem erzählen. Aber auch die Qualität dieser SVHS-Kopie ist noch einigermaßen erträglich, wenn man beide Augen zudrückt - außerdem ist diese Version nicht gemattet worden, ganz so wie die Urfassung damals zuerst gezeigt wurde.

Ton

Auch der Ton wurde einer Grundüberholung unterzogen, allerdings genauso wie bei der Bildqualität nur mit geringen Verbesserungen. Man sollte sich hier nicht von der Tatsache beeindrucken lassen, daß man es mit einer 5.1-Tonspur zu tun hat, denn "Tontechniker" Scott Mosier hat bei Skywalker Sound keinen knalligen Remix angefertigt, sondern lediglich die vorhandene Tonspur etwas klarer und deutlicher gemacht.

Im Prinzip handelt es sich immer noch um die gleiche Mono-Tonspur mit Stereo-Musik wie auf der ersten DVD, aber hier klingen die Tonaufnahmen vom Set etwas klarer und deutlicher, ganz so als ob sie noch einmal von den Masterbändern neu überspielt und restauriert wurde. Die Stimmwiedergabe ist natürlich immer noch nicht ganz optimal und an einigen Stellen etwas übersteuert, aber dennoch durchaus verständlich. Ein paar Geräusche wurden auf die Surroundkanäle als Effekte gelegt, aber ansonsten beschränkt sich der ursprüngliche Teil der Tonspur auf den mittleren Kanal. Die erst in der von Miramax ermöglichten Postproduktion hinzugefügten Popsongs sind der einzige Teil der Tonspur, die vom Raumklang überhaupt Gebrauch machen - für diese Tonspur wurden auch die Surroundkanäle der Musik nun in Stereo abgemischt.

Alles in allem ist diese neue Tonspur eine kleine Verbesserung, aber Wunder darf man hier natürlich nicht erwarten. Die ursprüngliche 2.0-Stereo-Tonspur der alten DVD ist hier nun nicht mehr dabei, aber da der Remix so vorsichtig angegangen wurde, kann man auf die wirklich verzichten.

Menü & Specials

Eine DVD eines Kevin-Smith-Films ist immer eine Garantie für eine hervorragende Ausstattung, aber mit diese 3-DVD-Set hat sich das ViewAskew-Team wirklich selbst übertroffen und alles alte und neue über den Film herausgesucht und produziert. Es wurden alle Extras der alten DVD übernommen, mit einer Ausnahme: die Deleted Scenes wurden weggelassen, aber das aus gutem Grund: sie sind nämlich alle auf der zweiten Disc in der Urfassung des Films enthalten, die sogar noch einige Szenen mehr bietet als auf der alten DVD zu sehen waren.

Die nun restaurierte Kinofassung von Clerks wird vom Classic Commentary begleitet, der gleichen Kommentarspur wie auf der alten DVD von 1998. Eigentlich ist dieser Audokommentar noch viel älter, denn er stammt ursprünglich von der1995 produzierten Laserdisc des Films. Aufgenommen wurde der Kommentar auf dem Set von Kevin Smiths zweitem Film Mallrats, zu einer Zeit als es DVDs gerade mal auf dem Papier gab. Kevin Smith, Scott Mosier, Brian O'Halloran, Walter Flannagan, Vincent Pereira, Malcom Ingram und der nicht mehr ganz nüchterne Jason Mewes sind hier in einer Art von organisiertem Chaos zu hören, das einerseits viele Informationen bietet, aber auch sehr frech und witzig sein kann. Trotz der rudimentären Aufnahmetechnik (ein Mikrofon wird herumgereicht und dementsprechend ist manches nur schwer zu verstehen) macht diese Kommentarspur eine Menge Spaß. Wirklich neues kann man hier natürlich nach neun Jahren nicht mehr erfahren, aber als Zeitdokument gehört dieser Audiokommentar einfach mit auf diese DVD.

Die Enhanced Playback Track ist eine dieser in einer in Untertitel-Spur gespeicherten Trivia-Tracks, die in regelmäßigen Abständen kurze Bemerkungen auf den Bildschirm bringt. Im Fall von Clerks dürften die meisten "Trivia"-Bits für Kenner des Films keine große Überraschung mehr sein, erst recht nicht wenn man sich die neue Dokumentation angeschaut hat.

Die berühmte Lost Scene (10:04) wurde in Form eines animierten Kurzfilms im Stil der Clerks Cartoonserie neu gedreht und ist sowohl einzeln mit einem Intro von Kevin Smith als auch in den Film integriert aufrufbar. Letzteres ist nicht besonders sinnvoll, denn die Szene wurde in 1.33:1 und Farbe animiert und paßt vom Aussehen nicht so recht in den Film. Es ist aber nett die ursprünglich aus Budgetgründen nicht gedrehte Szene nun doch noch in dieser Form zu Gesicht zu bekommen,

The Flying Car (8:15) ist ein Kurzfilm einer Konversation zwischen Dante und Randall, den Kevin Smith 2001 für die Today Show gedreht hat. Brian O'Halloran und Jeff Anderson sind ganz in ihrem Element, dieses Gespräch hätte auch direkt in Clerks stattfindnden können.

Auf die MTV Spots with Jay & Silent Bob haben viele Fans seit langem gewartet, hier sind sie nun das erste Mal auf einem Heimvideo-Medium zu sehen. Eingeleitet werden die acht Szenen von einem ausführlichen Intro mit Kevin Smith und Scott Mosier (6:36)
• Coffee 1:00
• Government Cheese 1:36
• Delusions of Grandeur 2:39
• Dancin' Like Mason 1:09
• Cable Guy 0:45
• Puppets 1:06
• Lil' Alanis 1:43
• Chick's I'd nail 1:08

Der Trailer (1:53) wurde komplett mit seinem Audio-Intro von der alten DVD übernommen, für das Musikvideo "Can't even Tell" von Soul Asylum (5:40) hat Kevin Smith aber wie für fast alle anderen Extras nochmal ein neues Video-Intro aufgenommen.

Unter dem Menüpunkt Clerks Restoration befinden sich zwei kurze "Statements" mit Scott Mosier "Restoring the Clerks Sound" (5:13) und David Klein "Restoring the Clerks Look" (0:34). in denen man ein paar kurze und knappe Informationen über den Restaurationsprozess erfährt. Außerdem befindet sich hier die Introduction to the Theatrical Cut With Kevin Smith and Scott Mosier (7:00).

Die Original Auditions von Brian O'Halloran (3:47), Jeff Anderson (0:52), Marylin Ghigliotti (2:37) und Ernest O'Donell (3:47) wurden für diese DVD ausgegraben und hier zusammen mit einer Einleitung von Kevin Smith und Scott Mosier (2:48) untergebracht. Ein Teil davon ist auch in der Dokumentation auf der dritten DVD zu sehen, aber hier sind sie vollständig vorhanden.

Das letzte Extra auf der ersten DVD befindet sich im ROM-Teil, wo man das komplette Drehbuch des Films im Rahmen einer HTML-Oberfläche abrufen kann - allerdings handelt es sich hier um die gleiche Scriptversion, die schon seit Jahren im Internet kursiert und auf den einschlägigen Seiten wie Simplyscripts.com in Plaintext-Form zu finden ist.

Auf der zweiten Disc befindet sich der 104 Minuten lange First Cut von Clerks, wie oben erwähnt in VHS-Qualität, aber dafür mit einer brandneuen Kommentarspur von Kevin Smith, Brian O'Halloran, Jeff Anderson, Jason Mewes und Scott Mosier ganz im Stil der Kommentare der letzten View-Askew-DVDs. Das besondere ist hier, daß der gesamte Kommentar nicht nur als Ton, sondern auch als Video aufgezeichnet wurde und man mit der Winkel-Taste zwischen dem Film und dem Video-Kommentar umschalten kann - eine Möglichkeit den visuellen Part in einem kleinen Fenster über dem Filmbild ablaufen zu lassen gibt es hier leider nicht. Da der Kommentar zwar für ViewAskew-Verhältnisse geradezu vorbildlich geordnet abläuft, aber nicht immer ganz szenenspezifisch ist, muß man schon zwischendurch mal auf den Film umschalten wenn man auf dem laufenden bleiben will. Als Audiokommentar alleine ist diese Kommentarspur aber eine hervorragende und informative Unterhaltung, die vor allen Dingen ihren Reiz durch die "Zehn Jahre danach"-Perspektive hat, die besonders von den Erinnerungen der Mitwirkenden lebt.

Nicht zu vergessen auf der zweiten Disc ist auch noch das Intro (8;40) zu der Urfassung des Films, das automatisch beim Start abgespielt wird. Hier entschuldigen sich Kevin Smith und Scott Mosier für die schlechte Qualität, weisen aber auch darauf hin, daß alles mit dieser frühen Schnittfassung angefangen hat und sie deshalb ihren Platz in der Geburtstags-Edition einen festen Platz hat.

Die dritte DVD des Sets enthält alle Extras, für die auf den anderen DVDs kein Platz mehr war - Dokumentationen, Interviews und Bildergalerien in Hülle und Fülle.

The Snowball Effect (90:25) ist gleichermaßen eine Biographie über Kevin Smith und eine Dokumentation über Clerks. Dokumentarfilmer und Sound-Editor Phil Benson, schon seit langem im Team von ViewAskew tätig, erzählt in The Snowball Effect ausführlich von der Entstehung des Films beginnend bei Kevin Smiths Kindheit, Jugend und wie er auf die Idee kam Filmemacher zu werden bis zum entgültigen Erfolg von Clerks nach dem Kauf durch Miramax. Die sehr dicht strukturierte Dokumentation besteht hauptsächlich aus neuen Interviews mit fast allen, die direkt und indirekt mit Kevin Smith und Clerks zu tun hatten und haben - inklusive Kevin Smiths Mutter und einige seiner Freunde aus seinem Heimatort. So bekommt man einen umfassenden Einblick in die Wurzeln, die später einmal in Clerks und noch viel mehr aufblühen sollten. Aber die Dokumentation besteht nicht nur aus Interviews, denn diese werden durch viele Fotos, Filmclips und andere Sachen ergänzt, die grafisch hervorragend, aber nicht zu aufdringlich integriert wurde. The Snowball Effect ist schlicht und einfach eine der am besten gemachten Dokumentationen der letzten Jahre, die als erster Versuch des ViewAskew-Teams im dokumentarischen Bereich eine kleine Sensation ist.

Mae Day - The Crumbling of a Documentary (11.36) ist Kevin Smiths und Scott Mosiers halb-mißlungene Dokumentation, die sie auf der Vancouver Film School gedreht hatten und im Gegensatz zu The Snowball Effect wie eine Anleitung wirkt, wie man es auf keinen Fall tun sollte. Wie es zu diesem Unglück von einer Dokumetation kam, erklären Kevin Smith und Scott Mosier noch einmal in einer kurzen Einleitung, aber das Thema wird auch ausführlich in der großen Doku angesprochen.

Das 10th Anniversary Q&A (42:07) wurde extra für das Bonusmaterial der neuen DVD abgehalten und liefert einen großen Teil der Mitwirkenden von Clerks einer Horde von Fans aus. Kevin Smith, Scott Mosier, Brian O'Halloran, Jeff Anderson und Marylin Ghigliotti stellen sich den oft ziemlich provokanten Fragen der Fans mit großer Souveränität, oder wenn es mal zu bunt wird auch gleich mit einer genauso frechen Antwort.

Die Outtakes from Snowball Effect 41:26 belaufen sich auf stolze dreizehn Stück mit einer Laufzeit von fast einer dreiviertel Stunde. Man kann deutlich nachvollziehen warum die Szenen aus der fertigen Dokumentation geflogen sind, aber es sind dennoch viele interessante Sachen dabei, die zum Wegwerfen einfach zu schade waren - und irgendwie muß man ja die View Askew-Tradition der ausführlichen Deleted Scenes auf einer DVD fortführen.

Die Still Photo Gallery ist mit 55 Bildern quantittiv sehr gut bestückt, hat aber qualitativ wie auf so viln anderen DVDs nicht besonders viel zu bieten. Die unsortierten und unkommentierte Bilder sind relativ klein und man kann nicht besonders viel auf ihnen erkennen - wie man so etwas besser lösen kann, haben zum Beispiel die Bildgalerien auf den Star Wars-DVDs gezeigt.

Die Original Kevin Smith Journals sind seine Tagebücher, die hier in Form von DVD-Texttafeln umgesetzt wurden. Kevin's Pre-Clerks Journal mit 27 Seiten und das Sundance Journal mit 50 Seiten bestehen teils aus ganz unwichtigen Dingen, aber auch oft aus Schlüsselerlebnissen, die auch in der Dokumentation erwähnt werden. Hier kann man sehr gut beobachten, wie sich Kevin Smiths besonderer Schreib- und Erzählstil langsam entwickelt hat.

Articles and Reviews enthält acht der berühmten Zeitungsartikel, die Clerks nach dem IFFM-Fiasko gerettet hatten. Neuere Reviews und Verrisse sind nicht dabei, aber diese hätten ja schließlich auch keinen dokumentarischen Wert.












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