The Brothers Grimm
Cover

21.05.2007 #418

von Guido Bibra

Titel The Brothers Grimm
Studio MGM / Dimension Films / Mosaic (2005)
Hersteller Concorde Home Entertainment (2006) EAN 4-01324-024572
DVD-Typ 9 (7,32) & 5 (2,72 GB) Bitrate ø 7,37 max. 9,0
Laufzeit 113:32 Minuten Kapitel 19
Regionalcode 2 (Deutschland) Case Amaray I transp.
Fernsehnorm PAL
Bildformat 1.85:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 6.1 Surround 448 kbit/s Englisch, Deutsch DTS 6.1 Surround 448 kbit/s Deutsch
Untertitel Deutsch
Freigabe FSK 12
Extras • Deutscher und englischer Kinotrailer
• Making of: Bringing the Fairytale to Life
• Making of Special Effects : The Visual Magic of Brothers Grimm
• Deleted Scenes (mit optionalem Kommentar)
• Audiokommentar von Terry Gilliam (mit optionalen UT)
• Fotogalerie
• Cast & Crew-Info
• Produktionsnotizen

Der Film

Wilhelm und Jakob Grimm (Matt Damon und Heath Ledger) sind die Ghostbusters des siebzehnten Jahrhunderts - wo immer seltsame und übernatürliche Dinge geschehen, sind sie zur Stelle. Allerdings sind sie es auch, die Hexen, Werwölfe und andere Gruseligkeiten für die abergläubische Bevölkerung inszenieren und dann für ihre Dienste ordentlich kassieren - bis der französische General Delatombe (Jonathan Pryce) ihren Machenschaften im besetzten Deutschland auf die Schliche kommt und die Gebrüder am liebsten aufknüpfen möchte, aber noch Verwendung für sie hat. Er schickt sie nach Marbaden, wo auf mysteriöse Weise Mädchen im Wald verschwinden - Delatombe ist überzeugt, daß dort auch Betrüger am Werk sind, aber die Gebrüder Grimm müssen feststellen, daß dort mehr als nur faule Tricks vor sich gehen...

 


Terry Gilliam ist heutzutage einer der wenigen unabhängigen Filmemacher, die sich nicht gerne vom Studiosystem unterwerfen lassen und gerne auf Konfrontationskurz zu ihren Produzenten gehen. Leider bekam Gilliam durch seine Eigenwilligkeit und dem Umstand, daß sich manche seiner Filmprojekte zu Fässern ohne Boden entwickelten, den Ruf ein unberechnebarer Regisseur mit hohem Risikofaktor zu sein. Als Terry Gilliam 2000 mit seinem Traumprojekt The Man who killed Don Quixote nach mehreren Anläufen spektakulären Schiffbruch erlitt und die Dreharbeiten nach nur einer Woche abgebrochen werden mußten, prophezeiten viele das Ende seiner Karriere, obwohl diesmal wirklich höhere Gewalt im Spiel war.

Märchenstunde

Fast zwei Jahre lang hatte sich Terry Gilliam für kein neues Filmprojekt mehr interessiert, denn obwohl aus The Man who killed Don Quixote noch die gelungene Dokumentation Lost in La Mancha entstanden war, traute sich der Filmemacher vorerst an nichts neues heran. Gilliam Lethargie konnte erst von Produzent Chuck Roven beendet werden, mit dem er 1992 Twelve Monkeys gedreht hatte - der versuchte dem Regisseur ein Drehbuch schmackhaft zu machen, daß schon länger bei seiner Firma Mosaic Films und MGM auf dem Tisch lag: ein Märchenfilm mit den Gebrüdern Grimm als Protagonisten.

Allerdings gefiel Terry Gilliam das von Ehren Kruger geschriebene Drehbuch so wenig, daß Chuck Roven lange Zeit brauchte um ihn von dem interessanten Material zu überzeugen. Schließlich willigte Gilliam aber doch ein, aus dem Drehbuch einen Film zu machen, sei es auch nur um irgendein neues Projekt zu beginnen um die Chancen zu erhöhen eines Tages The Man who shot Don Quixote wieder zum Leben zu erwecken. Er war bereit sich mit MGM einzulassen, weil er große Chancen sah aus dem Stoff eine große Studioproduktion zu machen und doch noch seinen eigenen Stil durchsetzen zu können. Schon im Dezember 2002 machte sich Gilliam auf nach Prag, um dort auf die erste Suche nach passenden Drehorten zu gehen.

Brother Gilliam

"I'm just a director for hire here, just an old hack coming in to sort out a script that's been hanging around that needed a bit of oomph!" erzählte Terry Gilliam während der Dreharbeiten auf seine gewohnte selbstironische Weise und traf den Kern der Sache damit eigentlich recht gut: weil ihm das ursprüngliche Drehbuch nicht wirklich gefiel, machten er und sein Co-Autor Tony Grisoni sich daran, der Geschichte den besonderen Gilliam-Touch zu verpassen. Der Stoff hatte aber mit dem wirklichen Leben der Gebrüder Grimm überhaupt nichts zu tun, sondern verwendete lediglich ihre Namen und einige Elemente ihrer Geschichten.

Trotzdem war Terry Gilliam als großer Liebhaber des Grimmschen Märchenkanons von der Möglichkeit begeistert, die berühmtesten Märchen der Welt auf seine ganz besondere Weise zu erzählen - ganz ähnlich wie er es schon in Jabberwocky, Time Bandits und The Adventures of Baron Münchhausen tat. Das Szenario, in dem die Gebrüder Grimm als Hexenvernichter und Geisteraustreiber die abergläubische und naive Bevölkerung mit ihren aufwendigen Spuk-Inszenierungen betrügen und dann auf ganz echte Märchenfiguren stossen, entfernt sich zwar völlig von der traditionellen Darstellung, war aber dafür genau das richtige für Terry Gilliams dunkle Phantasie.

Märchenhafte Besetzung

Wenn Terry Gilliam ruft, dann kommen sie alle - zumindest wenn die Kasse stimmt und Gilliam seine Schauspieler zu ihrem Marktwert bezahlen kann, was bei The Brothers Grimm offenbar kein Problem war. Beim Casting hatte Gilliam relativ freie Hand, aber trotzdem hatten die Weinstein-Brüder, die mit Miramax die Produktion übernommen hatten, immer noch das letzte Wort. Mit der Besetzung der Hauptrollen gab es allerdings keinen Streit, denn Gilliams erste Wahl für einen der Grimm-Brüder war von Anfang an der Australier Heath Ledger, der ihm von Kameramann Nicola Pecorini empfohlen wurde.

Für die zweite Hauptrolle hatte Terry Gilliam ursprünglich Johnny Depp im Sinn, mit dem er zuvor in der fehlgeschlagenen Produktion The Man who killed Don Quixote zusammengearbeitet hatte. Depp wollte auf jeden Fall noch einmal mit Gilliam arbeiten, war aber gerade leider mit anderen Projekten, unter anderem seiner Rolle im ersten Pirates of the Caribbean-Film beschäftigt - da blieb Gilliam nichts anderes übrig sich nach einer Alternative umzusehen, die er relativ schnell in Matt Damon fand. Der Schauspieler war ein großer Fan von Terry Gilliam und hatte auch genügend Starpower, um die Produzenten zufrieden zu stellen. Ursprünglich waren Damon und Ledger jedoch in entgegengesetzten Rollen besetzt worden, konnten ihren Regisseur aber davon

Bei den Nebenrollen kam es allerdings zu einem Streit zwischen Terry Gilliam und den Weinsteins: ursprünglich wollte der Filmemacher die Rolle der mysteriösen Angelika mit Samantha Morton besetzen, die aber von den Produzenten kategorisch abgelehnt und durch die Engländerin Lena Heady ersetzt wurde. Terry Gilliam war davon gar nicht begeistet, machte aber das beste aus der Situation und war nicht wütend auf die Schauspielerin, mit der er trotzdem gerne arbeitete und die Rolle besser auf sie zuschnitt.

Dafür konnte er den Folterkünstler Cavaldi mit dem schwedischen Schauspieler Peter Stormare besetzen und für General Delatombe seinen alten Bekannten Jonathan Pryce engagieren, der schon die Hauptrolle in Brazil gespielt hatte und in einer ganz ähnliche Rolle wie Delatombe schon in Gilliams Münchhausen-Verfilmung zu sehen war. Für die relativ kleine Rolle der Spiegel-Königin war zuerst Nicole Kidman vorgesehen, die aber aus Termingründen abgesagt hatte - aber schließlich konnte er die französische Schauspielerin Monica Belluci für den Part gewinnen, die schon seit langem einmal mit Terry Gilliam zusammenarbeiten wollte.

Abenteuer in Tschechien

Die Dreharbeiten fanden nicht nur aus finanziellen Gründen in Tschechien statt, denn die Prager Barrandov-Studios hatten sich seit Ende der neunziger Jahre zu einem der beliebtesten Drehorte nicht nur europäischer Filmemacher entwickelt. Außerdem fand Gilliam rund um Prag herum die besten Landschaften und Gebäude, die für das Deutschland des siebzehnten Jahrhunderts stehen mußten - obwohl einige Szenen in mittelalterlichen Schlössern gedreht wurden, baute Produktionsdesigner Guy Dyas auf dem Barrandov-Studiogelände nicht nur einen künstlichen Wald, sondern auch das ganze fiktive Dorf Marbaden auf, damit unter genau kontrollierten Bedingungen gedreht werden konnte.

Für Terry Gilliam fast schon ungewöhnlich wurden die Dreharbeiten kaum von großen Problemen oder Katastrophen heimgesucht, allerdings wurden die ursprünglichen 17 Wochen doch zu 22, weil Miramax einige Änderungen forderte. Bob Weinstein persönlich feuerte nach zwei Wochen den Kameramann Nicola Pecorini, weil er dessen Stil für zu düster hielt und ersetzte ihn zu Gilliams großer Frustration mit Newton Thomas Sigel, der offenbar hauptsächlich wegen seiner Erfahrung mit Actionfilmen wie X-Men eingesetzt wurde. Ein weiterer Kampf, den Terry Gilliam verlor, ging um eine Nasen-Prothese für Matt Damon, die die Weinsteins ablehnten, weil sie der Meinung waren für einen Star bezahlt zu haben und ihn nicht durch eine Maske unkenntlich wollten.

Der Löwe steigt aus

Als die Dreharbeiten schon abgeschlossen waren und The Brothers Grimm schon die ersten Testvorführungen hinter sich hatte, kündigte Mitproduzent MGM an sich aus der Produktion zurückzuziehen und nur noch eine kleine finanzielle Beteiligung zu behalten. Für Miramax, die den Film unter ihrem Banner Dimension Films produzierten, bedeutete dies die weitere Postproduktion und den Vertrieb selbst übernehmen zu müssen - das hatte vor allen Dingen finanzielle Auswirkungen, weil das ohnehin schon stark überzogene Budget noch knapper wurde.

Dies führte noch zu mehr Meinungsverschiedenheiten zwischen Terry Gilliam und den Weinstein-Brüdern, die dem Regisseur genaue Vorschriften über den Schnitt und die Postproduktion machten. Im Juni 2004 zog Terry Gilliam die Notbremse und unterbrach die Arbeiten an The Brothers Grimm für mehr als ein halbes Jahr, um die erhitzten Gemüter abkühlen zu lassen und eine neue Strategie zur Fertigstellung des Films zu finden. Während der Produktionspause, die wenig problematisch war weil die eigentlichen Dreharbeiten schon längst beendet waren, drehte Gilliam das düstere Drama Tideland in Kanada, dessen kleines Budget er hauptsächlich durch die Publicity von The Brothers Grimm zusammenbekommen hatte.

Grimm Resurrection

Anfang 2005 kehrte Terry Gilliam dann zur Postproduktion des Films zurück, nachdem er mit Miramax ein neues Startdatum im August des Jahres ausgehandelt hatte. Gilliam arbeitete mit seiner Cutterin Lesley Walker gleichzeitig an Tideland und The Brothers Grimm, während letzterer Film aber noch deutlich mehr Aufwand erforderte - die Special-Effects waren noch nicht fertig, der Schnitt mußte noch verfeinert werden, aber wenigstens hatte Terry Gilliam die Weinstein-Brüder überzeugen können, daß keine weiteren Dreharbeiten mehr notwendig waren.

Ursprünglich hatte Terry Gilliam vor sämtliche Effekte mit traditionellen Mitteln zu realisieren, was anfänglich bei den Dreharbeiten auch versucht wurde, aber so schlecht aussah daß dann doch Computerunterstützung ins Spiel kam. Schon sehr früh hatte sich der Regisseur deshalb an die britischen Effekt-Experten Peerless Camera gewandt - ein Studio, daß er in den siebziger Jahren selbst mitgegründet hatte. Peerless arbeitete hart an den fast 800 CGI-Einstellungen von The Brothers Grimm, die von einfachen Matte-Paintings bis zu komplett computeranimierten Charakteren reichten - notgedrungen war der Film sehr CGI-lastig geworden, aber Terry Gilliam als früherer Animator hatte im Prinzip nichts dagegen und setzte die Technik ganz bewußt ein.

Auch relativ spät in die Postproduktion kam die Filmmusik, die Terry Gilliam zuerst von dem jugoslawischen Rockmusiker und Filmkomponist Goran Bregovic schreiben lassen wollte, aber dann doch eine mehr traditionelle Musik einsetzen wollte. Stattdessen engagierte er den Italiener Dario Marianelli, mit dem er beinahe schon vor einigen Jahren bei The Man who killed Don Quixote zusammengearbeitet hätte - diese Entscheidung wurde nicht von Miramax verordnet und ausnahmsweise vom Regisseur selbst getroffen.

Es war einmal...

Im Frühjahr 2005 zeigte Miramax auf dem Filmfestival in Cannes einen zwanzigminütigen Ausschnitt von The Brothers Grimm und versprach, daß der Film im Sommer endlich in die Kinos kommen würde. Letztendlich dauerte es noch bis zum August des Jahres, aber dann war es endlich soweit: nach fast zwei Jahren war The Brothers Grimm endlich fertig und dank einer großen Werbekampagne, an der sich Terry Gilliam mit vielen Interviews und Auftritten auch selbst beteiligte, konnte der Film eine ganz anständige Premiere hinlegen und schon am ersten Wochenende in den USA 15 Millionen Dollar einspielen.

Der von den Weinstein-Brüdern erhoffte ganz große Erfolg blieb The Brothers Grimm allerdings versagt, denn obwohl der Film innerhalb von acht Wochen weltweit über 100 Millionen Dollar eingespielt hatte, war davon nur ein knappes Drittel in den USA zusammengekommen, was bei den hohen Produktionskosten von 88 Millionen Dollar für Miramax etwas enttäuschend war. Die Kritiker waren zwar größtenteils von der Optik des Films begeistert, konnten aber entweder nichts mit Terry Gilliams eigenwilligem, düsteren Stil anfangen oder meinten, daß der Regisseur sich entgültig an Hollywood verkauft hätte. In Deutschland war The Brothers Grimm überhaupt kein großer Erfolg, weil der Vertrieb für die Werbekampagne den Originaltitel statt dem bekannteren Gebrüder Grimm-Schlagwort verwendete und die Synchronisation ungewohnt schlecht war.

Fehlschlag oder Meisterwerk?

Insgesamt kann man Terry Gilliam keinen vollständigen Erfolg bei seinem Kampf gegen die Hollywood-Filmindustrie bescheinigen, denn obwohl The Brothers Grimm unzweifelhaft seine Handschrift trägt, hat der Film einige unübersehbare Schwächen, die aber nicht die Schuld des Regisseurs und der Schauspieler sind, sondern hauptsächlich an der Drehbuchvorlage von Ehren Kruger liegen. Terry Gilliam und Tony Grisoni hatten sich zwar große Mühe gegeben das Script zu verbessern, aber wirklich gelungen ist ihnen das nicht. Während die ersten zwei Drittel des Films wie eine echte Gilliam-Idee wirken, macht der Schluß den Eindruck aus einem typischen Hollywood-Actionepos zu stammen und läßt sämtliche Ironie vermissen, die den Rest des Films deutlich durchzieht.

Gerettet wird The Brothers Grimm hauptsächlich durch die grandiose Optik, Terry Gilliams spannende Inszenierung und die hervorragenden Schauspieler, die die Geschichte erst so richtig zum Leben erwecken. Matt Damon und Heath Ledger sind ein fantastisches Duo und bringen nicht nur die humorvolle Seite ihrer Charaktere gut zum Ausdruck, sondern auch eine vorsichtige Dosis Tiefgang, der aber immer mit einer gesunden Portion Zynismus vermischt ist. Obwohl Lena Heady nicht Terry Gilliams Wunschbesetzung war, merkt man ihr das kaum an, denn sie spielt die Rolle der mysteriösen Angelika durchaus überzeugend und ist eine hervorragende Partnerin für Matt Damon und Heath Ledger.

Während die Hauptdarsteller ihre Rollen für Gilliamsche Verhältnisse relativ geradlinig spielen, sind die Nebenrollen weitaus extravaganter und scheinen fast wie aus einem waschechten Monty Python-Film entsprungen zu sein. Besonders Peter Stormare darf als Folterkünstler Cavaldi seinen Charakter richtig intensiv auf die Spitze treiben - mit seinem übertriebenen italienischen Akzent und der nervösen Art, die er sich teilweise von Kameramann Nicola Pecorini abgeguckt hatte, machte der Schauspieler aus dem ursprünglichen Witzfigur einen erstaunlich vielschichten Charakter. Auch Jonathan Pryce als General Delatombe darf mit einem herrlich schrägen französischen Akzent spielen und schafft es seine Figur ebenfalls zwischen einfacher Comedy, unberechnebarer Gefährlichkeit und übergeschnapptem Wahnsinn perfekt anzulegen. Monica Bellucis Rolle als böse Spiegel-Königin ist dagegen leider zu klein, um der Schauspielerin eine wirkliche Chance zu geben ihren Charakter zu entwickeln, so daß sie dann nur wenig mehr als eine hübsche Staffage ist.

Neben Mackenzie Crook und Richard Ridings als Hidlick und Bunst, den Gehilfen der Grüder Grimm, glänzen die weiteren kleinen Nebenrollen vor allen Dingen dadurch, daß sie erstaunlich real wirken. Fast alle Nebendarsteller waren tschechische Schauspieler und Statisten, deren besondere Gesichter man in Hollywood nur schwer auftreiben kann. Im Gegensatz zu manchen anderen amerikanischen Filmproduktionen die in Prag gedreht wurden, hat sich Gilliam ausführlich bei den lokalen Schauspielertalenten bedient und sehr viele tschechische Darsteller engagiert, die den zahllosen Nebenfiguren ein sehr lebendiges und überhaupt nicht künstliches Flair verleihen.

Gilliam vs. Hollywood

Filmtechnisch ist an The Brothers Grimm absolut nichts einzuwenden, denn es ist eines von Terry Gilliams bestaussehensten Werken. Der Wechsel der Kameramänner ist zwar deutlich erkennbar, mit nur ein paar extremen Weitwinkel-Einstellungen zu Beginn und später einer relativ konventionellen Actionkino-Kameraarbeit, aber trotzdem hat die Szenerie den typisch dunklen Gilliam-Touch, der hauptsächlich durch die brilliante und vielseitige Gestaltung des Films erzeugt wird und von Dario Marinellis stimmungsvoller, aber ebenso düsteren Filmmusik noch unterstrichen wird.

Letztendlich bleibt The Brothers Grimm durch die Einflußnahme von Miramax und das nicht wirklich perfekte Drehbuch, das zwar oft ausgezeichnete Dialoge bietet, aber im Plot zu sehr schwächelt, weit von einem echten Gilliam-Klassiker entfernt - allerdings nicht so weit, als daß man dem Regisseur ein völliges Versagen bescheinigen könnte. Terry Gilliam hat unter schwierigen Umständen das beste geleistet was möglich war und einen sehr interessanten und unterhaltsamen Film geschaffen, dem man seine Schwächen gerne verzeihen kann, wenn man die Hintergründe der langwierigen und komplizierten Entstehung kennt. Ein kommerzieller Terry Gilliam-Film ist besser als keiner, und genau das hat der Regisseur mit The Brothers Grimm eigentlich ganz gut gemacht.

Die DVD

The Brothers Grimm wurde im Dezember 2005 relativ schnell nach dem Kinostart im Sommer des Jahres von Miramax in den USA als DVD veröffentlicht, aber durch die komplizierte Rechtesituation kam die deutsche DVD von Concorde Home Entertainment, die den Film im April 2006 in einer Single-DVD und einer stark überteuerten 2-Disc-Version herausgebracht hatten.

Normalerweise lasse ich von solchen Deutschland-exklusiven Veröffentlichungen die Finger, aber da die US-DVD des Films lange Zeit noch sehr teuer war und es die hiesige 2-Disc-Version vor kurzem zum Schleuderpreis gab, habe ich mal eine Ausnahme gemacht und bin eigentlich nicht enttäuscht worden. Zwar hat Concorde ein deutsches Bildmaster verwendet, aber die Bildqualität ist bis auf ein paar kleine Einschränkungen durchaus akzeptabel und es sind alle Extras der US-DVD vorhanden. Zusammen mit der gelungenen Aufmachung, zu der sogar ein kleines Booklet und ein hübscher Pappschuber über dem Keepcase gehört, kann man dieser DVD nur einen halben Punkt von der Höchstnote wegen des deutschen Bildmasters abziehen.

Cover

Bild

Concorde hat für die deutsche DVD von The Brothers Grimm offenbar Zugriff auf ein digitales Bildmaster gehabt und keinen erneuten Transfer von einer Filmkopie machen müssen. Allerdings wurde dabei ein deutsches Bildmaster verwendet, das zwar den Originaltitel unverändert läßt, aber einige Einblendungen in deutscher Sprache enthält, die fest ins Bild integriert sind. Abgesehen davon macht die Bildqualität dieser DVD aber einen sehr ordentlichen Eindruck, der nur von einem etwas unsauberen Authoring getrübt wird.

Die Filmvorlage scheint ein digitales Interpositiv gewesen zu sein, an dem nur wenig zusätzlich manipuliert wurde. Kratzer, Fussel oder andere Dropouts sind natürlich nicht zu sehen und die Körnigkeit des Filmmaterials wurde praktisch vollständig entfernt - was heutzutage eigentlich beim Digital-Intermediate-Prozess ganz normal ist und dank besserer Filter auch keine Probleme mehr verursacht. Nur noch in ein paar wenigen Einstellungen sieht man ein leichtes Restrauschen, ansonsten sieht das Bild sehr sauber, aber auch ein wenig digital aus.

Auch ganz solide ist die Schärfe, der aber zum Optimum noch ein klein wenig fehlt. Sogar die Einblendungen sehen etwas weichaus, als ob eine obere Schicht Details weggefiltert worden wäre um das Bild besser komprimieren zu können. Angesichts der sehr niedrigen Bitrate, die bei den vielen Tonspuren nicht mehr viel für das Bild übrigläßt, ist die Kompression wahrscheinlich auch nicht ganz unschuldig an der leichten Unschärfe. Trotzdem ist die Detailzeichnung noch besser als bei manchen anderen aktuellen Filmen wie z.B. Casino Royale.

Trotz der niedrigen Bitrate, die manchmal unter 4 Mbit/s fällt, sind kaum schwere Kompressionsartefakte sichtbar - lediglich ein minimales Blockrauschen in dunklen Szenen macht sich gelegentlich bemerkbar, wobei dies bei einer größeren Bildschärfe vielleicht noch schlimmer ausgesehen hätte. Farbtiming, Kontrast und Helligkeit sind durch das digitale Master außer Konkurrenz und wurden offenbar auch nicht nachträglich vom deutschen Masteringstudio verändert - auffällig ist nur der etwas zu helle Schwarzlevel, der aber auch mit Absicht so gewählt sein könnte.

Ton

Concorde hat die deutsche DVD von The Brothers Grimm tontechnisch ein wenig überfrachtet, denn neben den englischen und deutschen Dolby 5.1-Tonspuren befindet sich auch noch eine deutsche DTS-Tonspur mit voller Bitrate von 1536 kbit/s auf der DVD, und Terry Gilliams Kommentarspur ist auch noch mit verschwenderischen 224 kbit/s codiert. Der totale Platzbedarf der Tonspuren beläuft sich dadurch auf über 2,5 mbit/s,

Die englische Tonspur kann mit einer modern klingenden, aber nicht übertriebenen Surroundabmischung aufwarten, die ganz typisch für Terry Gilliam mehr Wert auf einen satten, kompakten Klang legt als auf oberflächliche Effekte und reine Lautstärke. Der Raumklang wird hauptsächlich von der Musik getragen, aber die Surroundkanäle kommen in vielen Szenen für ausführliche und überraschende Effekte auch zum Einsatz. Die Geräuschkulisse bewegt sich jedoch fast ausschließlich auf der vorderen Soundstage, wie bei einer älteren Abmischung werden die hinteren Lautsprecher nur für direkte Effekte genutzt. Die Dialoge hören sich sehr organisch an und machen den Eindruck größtenteils direkt auf dem Set aufgenommen worden zu sein, wobei die Stimmen manchmal etwas im Mix untergehen und schwer verständlich sind. Das EX-Flag wurde bei der englischen Tonspur nicht gesetzt, aber man kann davon ausgegen daß dies nur marketingtechnische Gründe hat und eine EX-Decodierung trotzdem kein Problem ist.

Die deutsche Synchronfassung ist sowohl in Dolby Digital 5.1 EX als auch in DTS ES 5.1 vorhanden, wobei auch bei der DTS-Version kein diskreter dritter Surroundkanal verwendet wird. Die DTS-Spur konnte ich mir mangels passender Ausstattung nicht anhören, aber ein Vergleich zwischen den beiden Dolby-Digital-Spuren zeigt, daß die Geräuschkulisse der deutschen Fassung teils erheblich von der englischen Abmischung abweicht und teilweise Geräusche einfach nur auf den Center-Kanal legt oder alternativ in die Surroundkanäle quetscht, wo sie manchmal überhaupt nicht hingehören. Dadurch hört sich der Raumklang viel eingeengter und künstlicher als in der Originalfassung an, wobei auch die Stimmen von der üblichen sterilen Tonstudio-Atmosphäre geplagt werden. Keine Tonspur zum absoluten weghören, aber längst nicht so schön lebendig und bodenständig wie die englische Version.

Untertitel sind leider nur auf Deutsch vorhanden, allerdings optional und in zwei Versionen: einmal eine normale Untertitelspur als Übersetzung der englischen Fassung und eine Ausgabe für Hörgeschädigte, die als farbige "Colortitle" auf dem Cover beworben wird, aber tatsächlich die meiste Zeit über auch nur einfarbig sind und nur bei den zusätzlichen Geräuschbeschreibungen in blau mit weißem Hintergrund erscheinen.

Bonusmaterial

Die deutsche 2-Disc-Ausgabe von The Brothers Grimm enthält alle Extras der anderen internationalen DVDs, obwohl die hiesige Version nicht von Miramax oder Buena Vista, sondern von Concorde kommt. Das Menüdesign ist für eine Deutschland-exklusive DVD überraschend aufwendig und gut gelungen, und lobenswerterweise sind alle Extras inklusive der Kommentarspur deutsch Untertitelt worden - das einzige Manko ist, daß es keine englischen Untertitel oder Menüs gibt, wobei das wahrscheinlich lizenzrechtlich nicht möglich ist.

Terry Gilliams Audiokommentar gehört zu den besten der Art, wie alle Kommentarspuren die der Regisseur bisher aufgenommen hat. Während Gilliam auf eine sehr diplomatische Weise den Streit mit den Weinstein-Brüdern erst gar nicht zum Thema macht, erzählt er auf seine detailreiche und unterhaltsame Art eine Menge über die Entstehung des Films in vielen verschiedenen Aspekten. Der Regisseur macht klar, was es eigentlich bedeutet für einen Film verantwortlich zu sein und legt großen Wert darauf seine Mitarbeiter, Schauspieler und Kollegen zu erwähnen, ohne daß der Kommentar zu einer bloßen Namensliste wird - ganz im Gegenteil: Terry Gilliam hat zu jeder Szene etwas interessantes zu erzählen und legt nur selten einmal eine kurze Pause ein.

Kinotrailer sind sowohl auf Deutsch (2:31) als auch auf Englisch (2:26) zu sehen, wobei es sich um den gleichen Trailer nur mit verschiedenen Tonspuren und Abtastungen handelt - die deutsche Ausgabe ist in 16:9, während die englische Version in 4:3-Letterbox abgelegt wurde, aber eine bessere Bildqualität hat.

Die insgesamt zwölf Deleted Scenes (15:09) sind leider am Stück hintereinander zu sehen, aber zumindest mit Kapitelsprüngen organisiert und außerdem mit einem Audiokommentar von Terry Gilliam ausgestattet. Die durchweg sehenswerten Szenen haben einen temporären Soundmix und eine nicht optimale Bildqualität in 4:3-Letterbox, was dem Inhalt aber nicht schadet, denn es scheinen alle von Terry Gilliam im Audiokommentar des Films angesprochenen Sequenzen dabei zu sein.

Bringing the Fairytale to Life (16:27) ist zwar als typisches Promotion-Making-Of gedacht, kann aber durch einen hohen Anteil von Interviews und Behind-the-Scenes-Aufnahmen trotzdem überzeugen, obwohl natürlich in der kurzen Laufzeit nur sehr oberflächliche Dinge angesprochen werden kann. The Visual Magic of The Brothers Grimm (8:40) dreht sich ausschließlich um die Entstehung der aufwendigen Special-Effects des Films, die insofern sehr interessant sind, da sie ausnahmsweise mal nicht bei einer amerikanischen Firma, sondern in England entstanden sind. Zusammen bilden diese beiden Featurettes einen kleinen, aber interessanten Blick in die Filmproduktion und sind eine ideale Ergänzung zu Terry Gilliams Audiokommentar.

Unter Cast & Crew Info sind einige ausführliche Texttafeln mit Biographien von vier Schauspieler und dem Regisseur untergebracht. Die Produktionsnotizen bestehen aus zehn weiteren Texttafeln, bieten aber kaum zusätzliche Informationen zu den Featurettes und dem Audiokommentar

Die Fotogalerie ist mit nur 12 Bildern etwas spärlich bestückt, aber immerhin handelt es sich um richtige Fotografien und nicht nur Standbildern aus dem Film

Unter Programmtips sind Trailer für die hierzulande von Concorde vertriebenen Filme 4 Federn und Der Zauberer von Malena zu sehen.







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