Murder on the Orient Express    CLICK HERE FOR ENGLISH VERSION
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20.9.2004 #283

Re-Write vom 3.3.2010
von Guido Bibra

Title Murder on the Orient Express
Studio EMI Film / GW Films (1974)
Released by Paramount Home Video (2004) EAN 0-9736-08790-8
DVD-Type 9 (7.84 GB) Bitrate ø 5,84 max. 9,5
Runtime 127:48 Minuten Kapitel 24
Regionalcode 1 (USA/Kanada) Case Amaray I
TV-Norm NTSC
Image 1.78:1 16:9 ja
Sound Dolby Digital 5.1 Surround 448 kbit/s Englisch 2.0 Mono 192 kbit/s Englisch, Französisch
Subtitles Englisch
Rating MPAA G
Extras • Making Murder on the Orient Express
• Agatha Christie: A Portrait
• Theatrical Trailer

Der Film

Hercule Poirot hat gerade einen anstrengenden Fall in Syrien gelöst und freut sich auf die geruhsahme Rückreise von Istanbul mit dem Orient-Express zurück nach Europa. Aber der Meisterdetektiv kann seiner Profession nicht entrinnen, denn im Zug wird ein Mord verübt. Das Opfer ist der undurchsichtige Ratchett, der noch am vorherigen Tag Poirot als Leibwächter engagieren wollte, worauf sich der Detektiv aber nicht einlassen wollte. Jetzt steht er vor der unmöglichen Aufgabe, den Mörderer in einer Gruppe von einem Dutzend Reisenden zu finden, bevor der in einer Schneewehe steckengebliebene Zug befreit wird und die jugoslawische Polizei den Fall übernimmt...

 


Überraschenderweise ist Agatha Christie nicht gerade eine der am meisten verfilmten Autoren der Filmgeschichte, da sie ihre Werke nur selten für Leinwand-Adaptionen freigab. Auch ihren belgischen Meisterdetektiv Hercule Poirot gibt es nicht in allzuvielen Inkarnationen, von denen auch nur wenige wirklich gelungen sind. Zuerst versuchte sich MGM Anfang der sechziger Jahre in England als Antwort auf die Miss-Marple-Filme mit Margaret Rutherford an einer Verfilmung von The ABC Murders mit Tony Randall in der Hauptrolle, die nicht gerade besonders werkgetreu, aber dafür für sich sehr humorvoll und unterhaltsam war. Agatha Christie selbst war jedoch von diesen Verfilmungen überhaupt nicht begeistert und distanzierte sich sogar von ihnen. In den darauf folgenden Jahren war die Autorin deshalb nur schwer dazu zu bewegen, weitere Filmrechte von ihren Büchern zu verkaufen - zwischen 1965 und 1974 entstanden nur zwei Verfilmungen, von denen keine weder besonders gut noch erfolgreich waren.

  Anfang der siebziger Jahre gelang es jedoch dem britischen Produzenten-Team Richard Goodwin und John Brabourne, Agatha Christie persönlich zu überzeugen, weitere Filme von ihren Werken zuzulassen. Vielleicht hatte es etwas damit zu tun, daß Brabourne ein englischer Lord und ein Cousin der britischen Königin war, aber viel wahrscheinlicher hatten die beiden Filmemacher die Autorin mit ihrer vorherigen Produktion, einer vorlagengetreuen Umsetzung von The Tales of Beatrix Potter, überzeugen können. Agatha Christie willigte trotz ihrer Bedenken ein und als erstes Projekt wurde der 1934 entstandene Roman Murder on the Orient Express ausgewählt - der eigentliche Auslöser des Projekts, auf den Richard Goodwin von seiner Tochter aufmerksam gemacht worden war. Außerdem war es einer der wenigen Romane von Agatha Christie, der noch nie verfilmt worden war.

Um die Finanzierung des ehrgeizigen Projekts zu sichern, wandten sich Richard Goodwin und John Brabourne an Nat Cohen, der gerade die Führung von der britischen EMI Films übernommen hatte und auf der Suche nach einem Prestigeprojekt war. Murder on the Orient Express kam gerade zum richtigen Zeitpunkt, aber Cohen wollte nur die Hälfte des Budgets übernehmen, weshalb die Produzenten in den USA auf die Suche nach einem Partner gingen. Sie wurden bei Paramount Pictures fündig, wo sie dem Besitzer der Muttergesellschaft Gulf+Western, Charles Bluhdorn, zu überzeugen versuchten. Der Exil-Österreicher hatte während seiner Kindheit in Wien oft den wirklichen Orient-Express gesehen und war nun begeistert von der Idee, einen Film mit dem berühmten Zug zu inszenieren.

  Für die schwierige Aufgabe, die Romanvorlage in ein Drebuch umzusetzen, konnten die Filmemacher den britischen Autor Paul Dehn gewinnen, der in den sechziger Jahren nicht nur mit Goldfinger einen James-Bond-Film geschrieben hatte, sondern mit The Spy who came in from the Cold und The Deadly Affair auch zwei Spionage-Thriller von John LeCarré - bei letzterem Film hatte er bereits mit Sidney Lumet zusammengearbeitet. Es war Dehns letzter Film, der zwei Jahre nach der Premiere von Murder of the Orient-Express verstarb - einen besseren Abschluß einer Karriere in Hollywood hätte sich der Autor kaum wünschen können.

Paul Dehn bewies ein besonderes Gespür für die Dialoge von Agatha Christie, die nicht nur viele Romane, sondern auch einige Theaterstücke geschrieben hatte und so in allen ihren Werken sehr viele Gespräche verwendet hatte. Murder on the Orient Express ist keine Ausnahme und vielleicht deswegen war die extrem dialoglastige Geschichte bisher noch nicht verfilmt worden. Paul Dehns Drehbuch hielt sich eng an die Vorlage, aber ein paar Änderungen waren notwendig, da Poirots schriftliche Buchführung über seine Ermittlungen durch die Handlung umgesetzt werden mußte. Des weiteren wurde eine Einleitungssequenz hinzugefügt, die auf vielleicht unnötige Weise die Vorgeschichte dramatisiert, da sie auch im Laufe des Finales ausführlich erklärt wurde.

  Sidney Lumet wollte den Film von Anfang an nicht als kleines Kammerspiel, sondern bewußt als großes, glamuröses Leinwandepos mit durchgängiger Starbesetzung inszenieren. In den siebziger Jahren war es noch möglich, viele bekannte Schauspieler auf einmal in einem Film unterzubringen, ohne das Budget explodieren zu lassen - aber die Filmemacher mußten sich dennoch eines Tricks bedienen. Zuerst engagierten sie Sean Connery, der 1971 gerade zum ersten Mal James Bond den Rücken gekehrt hatte, aber seitdem nur in drei Filmen mitgespielt hatte und noch auf eine große Chance wartete, um sein Geheimagenten-Image entgültig abzulegen. Seine Rolle in Agatha Christie's Geschichte war zwar nur eine von Vielen, aber gab dem Schauspieler eine gute Gelegenheit, sich als Charakterdarsteller zu etablieren.

Mit Sean Connery als Köder begannen Sidney Lumet, Richard Goodwin und John Brabourne sich nicht nur in den USA, sondern in ganz Europa nach Schauspielern umzuschauen und wurden von Anfragen überrannt. Die Aussicht, in der ersten von der Autorin seit langem genehmigten Verfilmung eines Agatha-Christie-Romans mitspielen zu können, war für viele Schauspieler eine große Verlockung, der sie nicht widerstehen konnten. Daher liest sich die Besetzungsliste von Murder on the Orient Express wie ein Who-is-Who von europäischen und amerikanischen Schauspielern, unter denen sich sogar einige befanden, die die Filmemacher aus dem Ruhestand holen konnten.

Lauren Bacall, Ingrid Bergman, Jacqueline Bisset, Jean-Pierre Cassel, Sean Connery, John Gielgud, Wendy Hiller, Anthony Perkins, Dennis Quilley, Vanessa Redgrave, Rachel Roberts, und Michael York spielten die zwölf Verdächtigen, Richard Widmark das Opfer des Verbrechens und Martin Balsam und George Coulouris den Chef der Eisenbahngesellschaft und den griechischen Arzt. Diese Mischung aus erfahrenen Theater- und Filmschauspielern schaffte es, jedem einzelnen Charakter etwas ganz besonderes zu geben.

  Die Besetzung der Hauptrolle war jedoch nicht so einfach zu bewerkstelligen, da es von Hercule Poirot schon sehr genaue Vorstellung gab - genauer vielleicht als von Agatha Christies anderer Protagonistin Miss Marple. Sidney Lumets Wunschbesetzung Alec Guiness war leider nicht verfügbar, und als einziger, dem die Filmemacher die schwierige Rolle zutrauten, blieb der britische Schauspieler Albert Finney übrig. Der stürzte sich mit großem Enthusiasmus in seinen Charakter hinein, wobei es aber ein großes Problem gab: der Schauspieler war mit Mitte Dreißig eigentlich noch viel zu jung für den Meisterdetektiv.

Mit Hilfe eines raffinierten Makeups konnte Albert Finney zu einem kaum wiederkennbaren Hercule Poirot gemacht werden. Die Maske war jedoch wegen der langen Vorbereitungszeit eine große Belastung für den Schauspieler, ermöglichte ihm aber dafür eine umwerfende und originelle Interpretation des Charakters zu schaffen. Während die vielen Nebendarsteller schon die große Attraktion des Films waren, spielte Albert Finney sie mit seiner einzigartigen Performance schlicht an die Wand. Mit einem ungeheuerlichen, aber nicht völlig falschen französisch-belgischen Akzent erweckte der Schauspieler den Meisterdetektiv auf eine Weise zum Leben, wie es noch nie zuvor jemand geschafft hatte.

  Sidney Lumet setzte den Schwerpunkt auf das Erlebnis der Zugreise mit dem Orient-Express, in dessen beengten Räumlichkeiten schließlich der größte Teil der Handlung stattfindet. Um die Illusion perfekt zu machen, wurde die Abfahrt des Zuges in einer langen Sequenz in einer verlassenen Zug-Werkstatt in Paris gedreht, die gleichermaßen die einzelnen Charaktere vorstellt und die besondere Atmosphäre des Orient-Express zur Schau stellt. Für diese Szene und die wenigen Außenaufnahmen konnte nicht der Originalzug verwendet werden, da er komplett nicht mehr existierte - stattdessen wurde aus historischen Wagen ein ähnlich aussehender Zug zusammengestellt.

Der Orient-Express des Films hatte den offiziellen Namen Simplon-Orient-Express und fuhr zwischen 1919-1939 und 1945-1962 von Istanbul über Sofia, Belgrad, Venedig, Mailand, über den Simplon-Paß nach Lausanne, Paris, Calais und per Kurswagen und Schiff bis nach London. Ironischerweise war es nicht der gleiche Zug, den Paramount-Chef Charles Bluhdorn in seiner Kindheit in Wien gesehen hatte - dabei handelte es sich um den Arlberg-Orient-Express, der zur gleichen Zeit über eine nördlichere Route von Bukarest über Budapest, Wien, Innsbruck und Zürich nach Paris und Calais fuhr.

  Die Außenaufnahmen wurden in den französischen Alpen mit einem speziell zusammengestellten historischen Zug gedreht, der äußerlich, aber nicht innerlich dem Simplon-Orient-Express entsprach. Die Innenaufnahmen fanden in den britischen Elstree-Studios statt, in deren riesigen Hallen zwei komplette Eisenbahnwaggons verfrachtet wurden, die zwar keine hundertprozentigen Originale waren, aber von Produktionsdesigner Tony Walton nach dem berühmten Vorbild detailgenau ausgestattet wurden. Dabei wurde der Maßstab der Inneneinrichtung nicht vergrößert, wie es sonst oft üblich war, um Platz für die Kamera und die technische Ausrüstung zu schaffen - es wurde alles so eng und klaustrophobisch gelassen wie im wirklichen Orient-Express.

Die wundervollen Bilder wurden von Kameramann Geoffrey Unsworth eingefangen, einem der besten Cinematographen in der englischen Filmindustrie. Ihm gelang es, in den engen Korridoren des Eisenbahnwagen die erstaunlichsten Kameraeinstellungen zu finden und die Abfahrt des Zuges in einer einzigen langen, komplizierten Szene festzuhalten. Für die Innenaufnahmen, in der sich der Zug in Bewegung befindet, wurde keine Bluescreen-Technik verwendet, sondern eine komplexe Rückprojektion. Diese Szenen sind zwar nicht oft zu sehen, da der größte Teil der Handlung im stehenden Zug stattfindet, sehen aber trotzdem täuschend echt aus und helfen die ganz besondere Stimmung der Zugreise zu erzeugen.

  Für die Musik wurde den Filmemachern von Stephen Sondheim der Komponist Richard Rodney Bennett vorgeschlagen, der einen ungewöhnlichen Weg ging und trotz der eigentlich ernsten und mysteriösen Atmosphäre eine oft fröhliche und verspielte Filmmusik schrieb. Das Hauptthema debütiert im Vorspann als majestätische Overtüre für Klavier und Orchester, während die Abfahrt von einer zweiten Melodie begleitet wird, die als schwungvoller Walzer komponierte wurde und die rhythmische Bewegung des Zugs auf gelungene Weise symbolisiert.

Ergänzt wurden diese beiden Hauptthemen mit einer handvoll weiteren Stücken, die hauptsächlich für die richtige Stimmung einiger Szenen verantwortlich waren. Der Komponist hatte allerdings darauf verzichtet, jedem der Charaktere ein eigene Melodie zu geben, was bei einer zweistelligen Anzahl von Rollen sehr schwierig geworden wäre. Stattdessen blieb ein großer Teil der dialoglastigen Szenen völlig ohne musikalische Untermalung, während die Score hauptsächlich für kurze Zwischenspiele und als Begleitung für die dramatischeren Teile der Geschichte genutzt wurde. Eingespielt wurde die Musik vom Orchester des Royal Opera House im Londonder Covent Garden, das von Marcus Dods dirigiert wurde - Richard Rodney Bennett hatte dazu keine Zeit, denn er saß selbst am Klavier.

  Agatha Christie hatten den Filmemachern voll und ganz vertraut und war das erste Mal von einer Verfilmung ihrer Werke begeistert. Die sonst sehr pressescheue Schriftstellerin kam sogar zur englischen Premiere des Films. In den USA wurde der Film zuerst nur in zwei Kinos an der West- und Ostküste gestartet, wo die Einspielergenisse aber so groß waren, daß er bald im ganzen Land zu sehen war. Auch in ganz Europa wurde der Film zu einem großen Erfolg und konnte Zuschauer und Kritiker gleichermaßen begeistern. Bei den Oscar-Verleihungen von 1975 wurde Murder on the Orient Express für sechs Academy Awards nominiert, gewonnen hatte aber wegen der starken Konkurrenz, unter anderem Francis Ford Coppolas The Godfather II, nur Ingrid Bergmann für ihre Nebenrolle, die aber stellvertretend für alle der grandiosen schauspielerischen Leistungen des Films stand.

Sidney Lumets Murder on the Orient Express ist auch über drei Jahrzehnte nach seiner Entstehung immer noch die Krönung aller Agatha-Christie-Verfilmungen und wird zurecht heute als ganz besonderer Klassiker angesehen. Auch John Brabournes und Richard Goodwins andere drei Christie-Verfilmungen Death on the Nile, The Mirror Crack'd und Evil under the Sun konnten an die Brillianz von Murder on the Orient Express nicht ganz heranreichen.

Die DVD

Noch vor einigen Jahren sah es ganz so aus, als ob Murder on the Orient Express so gut wie verschollen wäre - das einzige Land, in dem der Film überhaupt als DVD zu haben war, war Australien. Die R4-Ausgabe stammte von Universal, die die Rechte von Studio Canal eingekauft hatten. Studio Canal schien auch die europäischen Reche zu besitzen, aber die italienischen, französischen und spanischen DVDs der Filme waren nur kurze Zeit auf dem Markt. Im Herbst 2002 waren alle vier Brabourne/Goodwin-Agatha-Christie-Filme in England von Momentum in einer Box erschienen, aber obwohl Death on the Nile, Evil under the Sun und The Mirror Crack'd bald auch hierzulande von Kinowelt herausgebracht wurden, ließ Murder on the Orient Express noch bis zum Frühjahr 2003 auf sich warten und erschien erst dann als deutsche Ausgabe.

Die anderen drei Filme waren schon zuvor in den USA von Anchor Bay erschienen, aber Murder on the Orient Express war eine Co-Produktion von Paramount, die auch die amerikanischen Heimvideo-Rechte besaßen. Im Spätsommer 2004 zog das Studio schließlich mit einer DVD des Films nach, die sich schließlich als beste Version entpuppte. Der neue Transfer war etwas besser als auf den vorherigen DVDs, aber immer noch nicht ganz perfekt. Dafür kann die amerikanische DVD aber mit einer fantastischen 5.1-Tonspur und einer neuen Dokumentation aufwarten, die die Kinowelt- und Universal-Ausgaben mit Leichtigkeit in die Tasche stecken. Wer nicht auf die deutsche Synchronfassung angewiesen ist, sollte sich also unbedingt die Paramount-DVD des Films anschaffen.

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Es war nicht damit zu rechnen, daß Paramount der DVD von Murder on the Orient Express einen ganz neuen Transfer spendierenwird, aber als amerikanischer Rechteinhaber scheint das Studio nicht an das Master von Studio Canal gebunden gewesen zu sein, daß für die früheren europäischen und australischen DVD-Veröffentlichungen des Films verwendet wurde. Wie man im Vergleich sieht, hat Paramount tatsächlich eine neue Abtastung machen lassen, die das schwierige Quellmaterial besser als auf den anderen DVDs aussehen, aber immer noch nicht völlig perfekt ist.

Zuerst sollte gesagt werden, daß Murder on the Orient Express "flat" im Format 1.85:1 gedreht wurde - gewisse andere DVD-Rezensenten, die behaupten, daß der Transfer vom 2.35:1-Format beschnitten wurde, sind einer Fehleintragung in der IMDB aufgesessen. Im Abspann ist deutlich Filmed with Panavision Cameras and Lenses zu lesen, was auf die Verwendung von sphärischen Linsen für das Normalformat schließen läßt. Der neue Transfer von Paramount zeigt vom Filmbild noch etwas mehr als die vorherigen DVDs und ist von 1.85:1 auf 1.78:1 geöffnet wurden.

Die Filmvorlage dieses neuen Transfers war in einem bedeutend besserem Zustand als bei den anderen DVDs, aber leider wurde auf eine ordentliche Säuberung des Filmmaterials weitgehend verzichtet, so daß hier immer noch einige Verschmutzungen zu sehen sind. Diese manifestieren sich weniger in Form von groben Beschädigungen des Filmmaterials, sondern als Fussel und andere kleine Schmutzpartikel, die aber nur gehäuft am Anfang und um die Aktwechsel herum auftreten - Rollenwechselmarkierungen sind hier jedoch nicht zu sehen. Wirklich gravierend fallen die Dropouts eigentlich nicht auf, besonders wenn man in Betracht zieht daß der Film nicht restauriert wurde. Dennoch hätte Paramount ruhig noch den letzten Schritt tun und wenigstens die auffälligsten Dropouts entfernen können.

Punkten kann der neue Transfer dafür vor allem mit einer verbesserten Schärfe, die zwar bedingt durch das generell etwas weiche Aussehen des Films sehr wechselhaft und nicht auf dem allerhöchsten Niveau ist, aber doch das beste aus dem Quellmaterial herausholt. Die gute Detailzeichnung ist hauptsächlich dem Umstand zu verdanken, daß hier nur sehr wenig gefiltert wurde um die relativ starke Filmkörnigkeit zu entfernen. Die ist in einem geringem, ganz normalen Umfang konstant sichbar, trägt aber auch zum lebendigen Aussehen des Transfers bei wirkt kaum störend. Der Bildstand ist nicht völlig ruhig, ruckelt aber auch viel weniger als bei den vorherigen DVDs.

Einen gewaltigen Unterschied macht auch das verbesserte Farbtiming, das die bleichen Farbtöne der früheren Versionen etwas anhebt, aber die gewollte pastellartige Farbpalette trotzdem noch erhält. Die Überstrahlungen der hellen auf die dunklen Bildteile sind auch hier sichtbar, sehen aber nicht mehr so kräftig aus - es scheint sich dabei nicht um ein Problem des Filmmaterials zu handeln, sondern schlicht und einfach um ein gelungen eingesetztes visuelles Stilmittel.

Paramount hat die Marke zum perfekten Transfer dieses wundervollen Films nur ganz knapp verpaßt - wären die Verschmutzungen noch entfernt worden, wäre dies wirklich eine hervorragende Abtastung geworden. Aber auch so kann man mit der Bildqualität sehr zufrieden sein, denn besser als die anderen DVDs sieht die Version von Paramount auf jeden Fall aus.

Ton

So durchschnittlich der Transfer ist, so außergewöhnlich ist der Ton dieser DVD: eigentlich war hier nur der ursprüngliche Mono-Mix zu erwarten, aber Paramount hat sich doch dazu aufgerafft einen sehr schönen 5.1-Remix zu machen und obendrein auch noch die Mono-Tonspur zu restaurieren - beides mit umwerfendem Ergebnis.

Die 5.1-Neuabmischung legt den Schwerpunkt auf Richard Rodney Bennetts wundervolle Musik, denn Paramount hatte es geschafft, die Musik von den Mehrspur-Mastern neu abzumischen. Es handelt es sich nicht um einen gewaltsamen Mono-Upmix, sondern eine vollständig diskrete Surround-Abmischung, die sogar noch etwas besser als auf der Soundtrack-CD klingt. Die Musik breitet sich bis auf die Ecken der vorderen Soundstage aus und nimmt auch die Surroundkanäle ausführlich in Beschlag, ohne daß dabei ein unnatürliches Echo eingesetzt wurde. Die Klangqualität ist hervorragend und hat eine ausgezeichnete Transparenz und Luftigkeit zu bieten, die man sonst bei Filmmusik aus den siebziger Jahren nur selten hört.

Die Dialoge beschränken sich ganz konventionell auf den mittleren Kanal und haben den gleichen sauberen und natürlichen Klang wie auf der Mono-Tonspur. Obwohl die Stimmen fast ausschließlich direkt auf dem Set aufgenommen wurden, sind sie perfekt verständlich und kristallklar zu hören. Die Geräuschkulisse wurde dagegen etwas erweitert und macht an gut passenden Stellen auch manchmal Gebrauch von den hinteren Lautsprechern, wobei die Soundeffekte dafür nicht neu aufgenommen wurden und überhaupt nicht künstlich klingen.

Die ebenfalls restaurierte Mono-Tonspur ist offenbar ein Überbleibsel der Neuabmischung zu sein und klingt bei den Dialogen fast genauso wie die 5.1-Track - aber bei der Musik hört man den Unterschied sehr stark. Für eine Mono-Tonspur ist der Klang zwar sehr beachtlich, aber die enorm bessere Musikwiedergabe der 5.1-Version macht diese Fassung etwas redundant, aber der Vollständigkeit halber hat sie trotzdem ihren Platz auf dieser DVD. Die vergleichweise schlechte Qualität der französischen Tonspur macht nur noch deutlicher, wie hervorragend die englischen Fassungen wirklich klingen.

Untertitel gibt es nur in englischer Sprache, aber dafür sind nicht nur der Hauptfilm, sondern auch für das Bonusmaterial untertitelt worden.

Bonusmaterial

Im Gegensatz zu den europäischen und australischen DVDs hat Paramount der amerikanischen Veröffentlichung ein bemerkenswertes Bonusmaterial spendiert, das mit zwei Dokumentationen und einem Trailer nur auf den ersten Blick etwas schwach zu sein scheint. Die Abwesenheit eines Audiokommentars ist vielleicht bedauerlich, aber ob Sidney Lumet es wirklich geschafft hätte zwei Stunden lang interessante Dinge zu erzählen, ist fraglich – so kann man mit der sehr ausführlichen Dokumentation doch zufrieden sein.

Making Murder on the Orient Express (48:32) von Laurent Bouzereau ist eine kleine, aber feine Dokumentation in drei Akten, die äußerst detailreich die Entstehung des Films schildert. Ganz typisch für eine Bouzereau-Dokumentation wird hier auf ein dramatisches Voiceover verzichtet, denn es werden ausschließlich Interviews mit den Filmemachern, Schauspielern und anderen Beteiligten verwendet und nur durch kurze Filmausschnitte und Fotos ergänzt. Hier kommen nicht nur Regisseur Sidney Lumet, sondern auch die Produzenten John Brabourne und Richard Goodwin, Komponist Richard Rodney Bennett und die Schauspieler Sean Connery, Jacqueline Bisset und Michael York zu Wort - außerdem auch Mathew Prichard, der Enkel von Agatha Christie und auch Regisseur Nicholas Meyer, der hier nicht als Beteiligter, sondern als Fan und Kenner dabei ist. Es ist eine sehr fröhliche und sympathische Dokumentation, die von den Dreharbeiten und deren Vorbereitung in vielen Einzelheiten berichtet. Die Schauispieler und Filmemacher erinnern sich mit viel Vergnügen, ein bißchen Nachdenklichkeit und einer gesunden Portion berechtigtem Stolz an ihren gemeinsamen Film – sie wissen es zu schätzen, an einer der besten Agatha-Christie-Verfilmungen mitgewirkt zu haben.

Agatha Christie: A Portrait (9:35) ist eine liebevolle Mini-Biographie der Schriftstellerin von ihrem Enkel Mathew Prichard. Er erzählt von der Karriere seiner Großmutter aus seiner ganz persönlichen Sicht, läßt sich dabei aber nicht zu Sentimentalitäten hinreißen.

Der Trailer (2:38) sieht furchbar verkratzt aus und ist ein völlig anderer als auf den Kinowelt- und Universal-DVDs - dies ist die amerikanische Version von Paramount, die etwas sensationslustiger daherkommt.

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