Indiana Jones and the Temple of Doom
Cover

7.7.2008 #438

Original vom 28.10.2003
von Guido Bibra

Titel Indiana Jones and the Temple of Doom
Studio Lucasfilm / Paramount (1984)
Hersteller Paramount Home Entertainment (2003) EAN 7-15515-01032-0
DVD-Typ 9 (6,96 GB) Bitrate ø 7,64 max. 9,9
Laufzeit 118:16 Minuten Kapitel 31
Regionalcode 1 (USA/Kanada) Case Amaray I
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 2.35:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 5.1 Surround 448 kbit/s Englisch 2.0 Surround 192 kbit/s Französisch, Spanisch
Untertitel Englisch, Französisch, Spanisch
Freigabe MPAA PG
Extras • Siehe Bonus-DVD

Der Film

Indiana Jones, Teilzeit-Abenteurer, Archäologe und College-Professor ist wieder unterwegs, um seltene Artefakte aufzuspüren. Bei dem Versuch in einem Nachtclub in Shanghai von einem zwielichtigen Gauner einen geheimnisvollen Stein zu kaufen, bleibt Indy nur die übereilte Flucht, als der Bleigehalt der Luft gefährlich zu steigen beginnt. Mit der Sängerin Willie (Kate Capshaw) und seinem persönlichem Assistenten, dem Strassenjungen Short Round (Ke Huy Quan) im Schlepptau schafft Indy es bis in ein Flugzeug - das aber dem Gauner gehört, vor dem er gerade auf der Flucht ist! Auf halber Strecke steigen die Piloten aus, aber die drei unfreiwilligen Abenteurer schaffen es noch in letzter Sekunde abzuspringen, bevor ihr Flugzeug zerschellt. In Indien gelandet treffen sie auf ein verwahrlostes Dorf, deren Bewohner glauben, daß die Fremden von ihrem Gott geschickt wurden. Zu seinem großen Entsetzen erfährt Indy, daß alle Kinder verschwunden sind und der heilige Shankara-Stein des Dorfes von den Handlangern des neuen Maharadjahs gestohlen wurde. Eigentlich wollen Indy, Willie und Short Round so schnell wie möglich zurück in die Zivilisation, aber vorher müssen sie einen Umweg zum Palast des Machthabers machen, wo sie unfaßbare Dinge erleben...

 


George Lucas und Steven Spielberg hatten 1981 erfolgreich ihren alten Traum in die Wirklichkeit umgesetzt, einen Abenteuer-Film im Stil der Saturday-Afternoon-Serials der vierziger Jahre zu drehen. Eigentlich war Raiders of the Lost Ark aber nur ein Experiment um auszuprobieren, ob sich das Konzept von Star Wars auch auf ein anderes Genre übertragen lassen würde, aber der waghalsige Versuch hatte geklappt und die erste gemeinsame Produktion der beiden Filmemacher wurde zu einem riesigen Erfolg. Die Resonanz war so positiv, daß George Lucas und Steven Spielberg schon kurz nach der Premiere beschlossen, so bald wie möglich einen neuen Indiana Jones-Film zu drehen.

Lucas, Spielberg & Co.

Steven Spielberg hatte keine Bedenken, die Regie noch ein zweites Mal zu übernehmen - tatsächlich hatte George Lucas ihm ursprünglich von drei verschiedenen Geschichten erzählt, die die beiden Filmemacher auf jeden Fall zusammen inszenieren wollten. Tatsächlich hatte George Lucas aber nur eine einzige Story parat, die er einige Jahre zuvor zusammen mit Philip Kaufman entwickelt hatte und zu Raiders of the Lost Ark wurde, so daß eine völlig neue Idee gefunden werden mußte. Als erstes holten die beiden Filmemacher eine Reihe von Ideen aus der Schublade, die es nicht mehr in den ersten Film geschafft hatten - aber trotzdem mußte noch einen passender Plot erfunden werden.

Vorher hatte George Lucas jedoch noch etwas ganz anderes zu tun und widmete sich erst einmal Return of the Jedi. Im Januar 1983 waren die Arbeiten des letzten Films der Star Wars-Trilogie endlich abgeschlossen, und noch vor der Premiere im Mai begannen die ersten Vorbereitungen für das nächste Indiana Jones-Abenteuer. Eigentlich wollten George Lucas und Steven Spielberg wieder das gleiche Team wie beim ersten Film zusammentrommeln, aber einen der wichtigsten Mitarbeiter konnten sie nicht wieder zurückgewinnen: Drehbuchautor Lawrence Kasdan war zu sehr mit seinem zweiten eigenen Film The Big Chill beschäftigt, um sich auch noch um einen weiteren Film kümmern zu können. Da die beiden Filmemacher ihr Drehbuch nicht alleine schreiben wollten, mußten sie als erstes auf die Suche nach einem neuen Autoren gehen.

Die Rückkehr des Dr. Jones

George Lucas und Steven Spielberg hatten schon einige Ideen wie eine Story über einen Affenkönig oder ein Geisterhaus verworfen, bis sie einen neuen MacGuffin (ein im Prinzip unwichtiges Objekt, daß als Auslöser des Plots verwendet wird) erfunden hatten: die Handlung wurde nach Indien verlegt und sollte sich um die geheimnisvollen Sankara-Steine und um den Kali-Kult drehen. Dadurch konnte George Lucas auch die Lösung des Drehbuch-Dilemmas finden, denn das Autoren-Ehepaar Gloria Katz und Willard Huyck, mit denen er zehn Jahre zuvor seinen ersten Kinofilm American Graffiti geschrieben hatte, war sehr an der indischen Kultur interessiert und auch schon oft dorthin gereist. Mit einem Treffen der vier Filmemacher und Drehbuchautoren, bei dem die ersten Grundzüge der Story geschaffen wurden, konnten die Vorbereitungen für das neue Indiana Jones-Abenteuer im Februar 1982 schließlich beginnen.

Weil man Bedenken hatten sich zu wiederholen, wurde diesmal eine völlig andere Richtung eingeschlagen und die Geschichte als reiner Abenteuerfilm mit kräftigen Horror-Elementen konzipiert. Indiana Jones and the Temple of Death hatte George Lucas seine Idee ursprünglich genannt, wobei Death auf Steven Spielbergs Einwand hin durch Doom ersetzt wurde, weil ihm der Titel doch zu pessimistisch klang. Aber es wurde dennoch eine sehr düstere und unheimliche Geschichte, was teilweise auch durch die persönliche Stimmung der beiden Filmemacher beeinflußt wurde - George Lucas steckte gerade mitten in einer Scheidung, und auch Steven Spielberg hatte einige zwischenmenschliche Probleme.

Ein neues Abenteuer

Zusammen mit Gloria Katz und Willard Huyck entwickelten die beiden Filmemacher eine Story, die völlig anders war als ihr Vorgänger. Zeitlich wurde der Film drei Jahre vor Raiders of the Lost Ark angesiedelt und sollte damit ein Prequel sein, das als Anlaß dafür genommen wurde, das bewährte Rezept zu ändern. Diesmal verzichteten die Filmemacher auf die Hintergrundgeschichte des Titelhelden und die Bekannten Charaktere des Vorgängers, denn sie ließen Indiana Jones ausschließlich als smarten Abenteurer auftreten, während sein anderes Leben als College-Professor kaum zur Sprache kam. Wenn sich Harrison Ford seine Rolle nicht schon vorher zu eigen gemacht hätte, wäre sein Charakter dadurch beinahe zu einem austauschbaren Actionhelden geworden.

Noch mehr als beim ersten Film wurde diesmal die Handlung um die Actionsequenzen herum konstruiert, die zum größten Teil aus verworfenen Drehbuchversionen des Vorgängers stammten. Fast der gesamte Anfang inklusive dem Sprung aus dem Flugzeug war ursprünglich für Raiders of the Lost Ark gedacht, genauso wie die Achterbahnfahrt durch die Mine - beides hatte sich zuvor als zu kompliziert und aufwendig erwiesen und konnte erst jetzt dank des großzügigeren Budgets angemessen inszeniert werden. Dadurch wurde allerdings der Schwerpunkt des Films mehr auf die Actionszenen gelegt und die Story vernachlässigt - etwas, was beim Vorgänger durch das raffiniertere Drehbuch kaum auffiel, aber nun nicht mehr so gut unter Kontrolle gebracht werden konnte.

Die dunkle Seite

Begonnen wurde die Geschichte mit einem unabhängigen Teaser, der zwar nur als Aufhänger für die Haupthandlung diente, aber mehr oder weniger eine Gelegenheit für Steven Spielberg war, Indiana Jones ganz elegant im Smoking à la James Bond zu zeigen. Damit hatte sich der Regisseur einen langgehegten Wunsch erfüllt, auch einmal einen Film mit dem berühmtesten Geheimagenten von allen zu inszenieren - tatsächlich erinnert der Anfang von The Temple of Doom deutlich an die Machart eines Bond-Films, ohne wie ein billiges Plagiat zu wirken. Das rasant inszenierte Intro hätte der Auftakt für einen genauso flotte Geschichte werden können, aber George Lucas und Steven Spielberg hatten etwas völlig anderes im Sinn.

Die eigentliche Handlung wurde teilweise an George Stevens Verfilmung von Rudyard Kiplings Gedicht Gunga Din angelehnt, die hauptsächlich von den Filmemachern als Vorbild ausgewählt wurde um nicht wieder die Nazis als Antagonisten auftreten zu lassen. Stattdessen wurden als Bösewichte die Thuggees verwendet, die eigentlich einfache Raubmörderbanden waren, die in Indien bis zum 19. Jahrhundert ihr Unwesen trieben, bis sie durch die britische Besetzung ausgerottet wurden. Gloria Katz und Willard Huyck nahmen diese historischen Grundlagen und funktionierten die Thuggees zu einem Kult um, der mörderische Rituale zelebriert, übersinnliche Kräfte besitzt und zur Suche nach den mysteriösen Sankara-Steinen Kinder als Sklaven für die Ausgrabungsarbeiten hält.

Der Plot wurde diesmal relativ simpel gehalten und fand an längst nicht so vielen Schauplätzen wie Raiders of the Lost Ark statt, denn zwei Drittel der Handlung spielten sich ausschließlich in Indien ab und ein großer Teil davon wurde auch noch von den Actionsequenzen dominiert. Dadurch war der Film auch längst nicht so gesprächig wie sein Vorgänger und auch der etwas bemühte Humor stand im starken Kontrast zu den erstaunlich drastischen und blutrünstigen Darstellung der Opferrituale, mit denen die Filmemacher sich keinen großen Gefallen getan hatten. Viel Handlung gab es nicht, und der Plot wurde weniger von den fast passiven Charakteren als von den Action-Elementen angetrieben. Erzählerisch blieb The Temple of Doom deshalb weit hinter seinem Vorgänger zurück, da der alte Leitsatz "Fast, Funny and Going Places" durch den sehr rudimentären Plot erst gar nicht gegeben war.

Das neue alte Team

Steven Spielberg und George Lucas gelang es für ihr neues Indiana Jones-Abenteuer fast wieder die gleiche Crew wie für den ersten Film zusammenzustellen. Insbesonders Kameramann Douglas Slocombe, der schon Raiders of the Lost Ark das ganz besondere Aussehen gegeben hatte, konnte wieder engagiert werden, aber Produktionsdesigner Norman Reynolds wollte nach zwei Star Wars-Filmen und einem Indiana Jones erst einmal eine Pause machen. Produzent Robert Watts fand aber mit dem Engländer Elliot Scott einen idealen Nachfolger für Reynolds, der zwar noch nie mit Steven Spielberg oder George Lucas zusammengearbeitet hatte, aber mit aufwendigen Produktionen wie The Pirates of Penzance, Dragonslayer und einer bis in die vierziger Jahre zurückreichenden Karriere die besten Vorraussetzungen besaß, um die Ideen der Filmemacher in die Realität umzusetzen.

George Lucas war dagegen nicht mehr so stark wie zuvor in die Filmproduktion eingebunden und überließ die Inszenierung die meiste Zeit Steven Spielberg. Lucas war nur selten bei den Dreharbeiten dabei, weil er noch mit der Postproduktion und der Werbekampagne des dritten Star Wars-Films Return of the Jedi beschäftigt war. Mit Frank Marshall, Robert Watts und Kathleen Kenndy als Mitproduzenten konnte er aber sicher sein, daß bei den Dreharbeiten nichts aus dem Ruder lief. Während der Postproduktion, die hauptsächlich in George Lucas' Heimat Kalifornien durchgeführt wurde, war der Filmemacher aber wieder voll dabei und war mit am Filmschnitt und vielen anderen Bereichen beteiligt.

Auf der Suche nach Indys neuen Freunden

Als Indiana Jones kam natürlich niemand anders als Harrison Ford in Frage, der schon fest eingeplant war und 1980 nicht nur für Raiders of the Lost Ark, sondern auch gleich einen Vertrag für drei Filme unterschrieben hatte. Trotzdem war ein intensiver Casting-Prozess notwendig, um passende Schauspieler für die neu geschaffenen Charaktere des Films zu finden.Für die Besetzung der weiblichen Hauptrolle hatte Steven Spielberg eigentlich vorgeschlagen, Karen Allen als Marion Ravenwood aus Raiders of the Lost Ark zurückzubringen, aber George Luacs fand es besser, Indiana Jones in jedem seiner Abenteuer eine neue Heldin an die Seite zu stellen. Deswegen wurde die Rolle der schlagfertigen Nachtclubsängerin Willie Scott geschaffen, die zwar auf den ersten Blick eine ganz typische dümmliche Blondine sein sollte, aber tatsächlich eine nicht ganz so anspruchsloser Charakter war.

Die Filmemacher sahen sich über hundert Schauspielerinnen an und drehten eine Menge von Probeaufnahmen, bis sie die Auswahl auf nur wenige Bewerberinnen eingegrenzt hatten. Schließlich suchte Steven Spielberg die noch völlig unbekannte Texanerin Kate Capshaw aus, deren Screentest dem Regisseur so gut gefiel, daß er sie sofort engagierte. Die frühere Leherin hatte ihre Schauspielkarriere Anfang der achtziger Jahre in der Soap-Opera The Edge of Night begonnen und wartete noch auf einen großen Durchbruch - eigentlich war sie mehr an künstlerisch anspruchsvollen Rollen interessiert, aber das Angebot von Steven Spielberg und George Lucas lehnte sie trotzdem nicht ab. Als Willie Scott brachte sie nicht nur eine elegante, glamouröse Figur in die Handlung, sondern auch etwas dringend benötigten Humor, ohne dabei zu albern oder sogar lächerlich zu wirken - stattdessen schaffte es die Schauspielerin, aus ihrer Rolle eine ganz gut gelungene Parodie auf die typischen Scream Queens der vierziger Jahre zu machen.

Einen klassischen Sidekick hatte Indiana Jones in Raiders of the Lost Ark abgesehen von den in Temple of Doom leider abwesenden Marion und Sallah noch nicht, aber das sollte sich mit dem neuen Film radikal ändern. Die Filmemacher stellten Indy nämlich den Straßenjungen Short Round an die Seite, der im Plot als Brücke zu den versklavten Kindern fungierte, aber auch als Publikumsmagnet für die jüngeren Zuschauer dienen sollte - letzteres sollte sich im Nachhinein angesichts der Intensität der Horror-Elemente als Fehlkalkulation herausstellen. Für die Besetzung der Figur wurde ein enormer Aufwand betrieben und offene Castings in acht Städten in den USA und England durchgeführt, aber im Februar 1983 fand Steven Spielberg in einer Schule in Los Angeles zufällig den zwölfjährigen Vietnamesen Ke Huy Quan, der ihn mit seiner Natürlichkeit und Naivität gegenüber der Filmbranche begeisterte. Tatsächlich konnte Ke Huy Quan als Short Round erfolgreich gegen den Stereotyp des jugendlichen Sidekicks ankämpfen und schaffte es erstaunlich gut, seine Rolle ganz locker und unverkrampft zu spielen, obwohl ihm das Drehbuch relativ wenig Spielraum ließ.

Formidable Bösewichte und schmierige Politiker

Nachdem Steven Spielberg und George Lucas die Nazis als Antagonisten ausgeschlossen hatten, mußten sie sich ein paar neue Bösewichte ausdenken, die jedoch diesmal deutlich eindimensionaler als zuvor ausfielen. Mit den Horror-Elementen um den stark übertriebenen Kali-Kult wurde auch ein entsprechend beeindruckender Anführer geschaffen, den die Filmemacher Mola Ram tauften und nicht mit einem westlichen Schauspieler, sondern unbedingt mit einem Inder besetzten wollten. Nach langen Verhandlungen gelang es ihnen, den vielbeschäftigten Filmstar Amrish Puri zu engagieren, der schon seit Anfang der siebziger Jahre die größten Bösewichte der indischen Filmgeschichte gespielt hatte und für Indiana Jones and the Temple of Doom nicht besser hätte sein können. Allerdings fiel sein Charakter extrem eindimensional aus machte mehr den Eindruck eines Plotelements, das im Prinzip nur als das personifizierte Böse gedacht war. Der Effekt des furchterregend aussehenden und agierenden Amrish Puri war daher durchaus gelungen, konnte aber dennoch nicht in der gleichen Liga wie die dagegen geradezu vielschichtigen Schurken in Raiders of the Lost Ark spielen.

Viel zivilisierter gibt sich dagegen der ölige Premierminister Chatter Lal, für den die Filmemacher den britisch-indischen Schauspieler Roshan Seth fanden. Der hatte eigentlich seine in England begonnene Theater- und Filmkarriere aufgegeben hatte und sich in Indien als Journalist betätigt, bis er von Richard Attenborough für eine Nebenrolle in Ghandi engagiert wurde und so das Interesse von George Lucas und Steven Spielberg geweckt hatte. Die suchten nach einem indischen Schauspieler mit britischem Hintergrund und fanden ihn mit Roshan Seth, der auf herrlich schleimige Art den intelligenten Handlanger von Über-Bösewicht Mola Ram spielte, aber leider nur eine sehr kleine Rolle im Film hatte. Auch die anderen Nebenrollen wurden möglichst mit Schauspielern der gleichen Nationalität ihrer Charakter besetzt - die Shanghaier Schurken wurden fast alle von Chinesen dargestellt, während die indischen Dorfbewohner und deren Kinder hauptsächlich von Einheimischen aus Sri Lanka gespielt wurden.

Fernöstliche Dreharbeiten

Als im September 1982 die erste Version des Drehbuchs fertig war, gingen Produzent Robert Watts und Designer Elliot Scott auf die Suche nach geeigneten Drehorten - zwar war geplant, diesmal einen größeren Anteil im Studio zu drehen, aber dennoch sollte nicht auf viele authentische Kulissen verzichten werden. Das Shanghai der dreißiger Jahre wurde im chinesischen Macau gefunden und ursprünglich sollte der Rest originalgetreu in Indien gedreht werden - wenn nicht die Regierung des Landes mit der Darstellung ihrer Landsleute in der Geschichte unzufrieden gewesen wäre. Der Filmcrew wurde zwar nicht die Einreise verboten, aber es wurden so viele Änderungen gefordert, daß die Produktion schließlich ins landschaftlich und geographisch genauso gut geeignete Sri Lanka verlegt wurde und einige Aufnahmen mit Hilfe von Matte-Paintings ergänzt wurden.

Die Dreharbeiten begannen im April 1983 in Macao und Sri Lanka, wo trotz den enormen logistischen und technischen Schwierigkeiten alles einigermaßen nach Plan verlief, was hauptsächlich Steven Spielbergs haargenau vorbereiteter Organisation zu verdanken war. Während auf den Straßen von Macao die Verfolgungsjagd in Shanghai in Szene gesetzt wurde, baute Produktionsdesigner Elliot Scott mit Hilfe von einheimischen Handwerkern auf einer ehemaligen Teeplantage die lebensgroße Kulisse des indischen Dorfs auf. Die Hängebrücke entstand in einer Schlucht in der Nähe einer großen Baustelle, die gerade einen Damm errichtete - die Filmemacher warben kurzerhand für die Konstruktion der Brücke die dort arbeitenden britischen Ingenieure an, wobei jedoch an einer anderen Stelle noch eine zweite, nicht ganz so hohe und lange Brücke für Nahaufnahmen verwendet wurde.

Gigantische Kulissen und ein Indy mit Rückenschmerzen

In den britischen Elstree Studios, die inzwischen von der Crew nur noch Lucas East genannt wurden weil der Filmemacher bisher alle seine Filme dort inszeniert hatte, gingen die Dreharbeiten auf eine noch aufwendigere Weise weiter. Alle Bühnen und Hallen des Studios wurden in Beschlag genommen und Produktionsdesigner Elliot Scott hielt die Konstrukteure und Architekten fast vierundzwanzig Stunden am Tag auf Trab. Je nach Bedarf mußten die massiven Kulissen, darunter das lebensgroße Tempel-Set, das innere des Pankot-Palasts und die riesige Mine mit einer funktionierenden Lorenbahn auf- und abgebaut werden - es waren die bisher größten Sets, die nicht unter freiem Himmel entstanden waren. Letztendlich wurde auch die erste Hälfte der Teaser-Sequenz im Shanghaier Nachtclub inklusive der aufwendig choreographierten Tanznummer à la Busby Berkeley inszeniert, die aber verglichen mit dem Rest des Films relativ schnell abgedreht war.

Es war aber in England, wo die Filmproduktion in ernsthafte Schwierigkeiten geriet. Harrison Ford, der zwar für die körperlich anstrengende Rolle hart trainiert hatte, bekam nach kurzer Zeit in den britischen Studios plötzlich so schlimme Rückenschmerzen, daß er sich kaum noch bewegen konnte, was offenbar eine Folge einer alten Rückenverletzung und der ungewohnten Sitzposition beim Elefantenreiten einige Wochen zuvor in Sri Lanka gewesen war. George Lucas und Steven Spielberg blieb nichts anderes übrig, als ihren Star zurück in die USA zur medizinischen Versorgung zu schicken. Dort stellte sich heraus, daß Ford einen schlimmen Bandscheibenvorfall hatte, der aber mit einer experimentellen Methode relativ schnell wieder geheilt werden konnte. Trotzdem war der Schauspieler drei Wochen außer Gefecht gesetzt, in denen die Produktion bis auf ein paar vereinzelte Aufnahmen mit einem zweiten Drehstab in den USA komplett lahmgelegt wurde. Während Harrison Ford noch dabei war sich zu erholen, drehte Steven Spielberg in England mit Stuntman Vic Armstrong, der eine so große Ähnlichkeit zu Ford besaß, daß mit ihm einige Szenen bis auf die Nahaufnahmen realisiert werden konnten.

Die teuerste Modelleisenbahn der Welt

Ein großer Teil des großzügigen Budgets wurde die aufwendigen Special-Effects verwendet, die weit über das hinausgingen, was in Raiders of the Lost Ark zu sehen war. Industrial Light and Magic, die Effekt-Abteilung von Lucasfilm, hatte kaum eine Verschnaufpause nach dem dritten Star Wars-Film Return of the Jedi machen können, als die Arbeit an The Temple of Doom schon losgingen. Auch beim zweiten Indiana Jones-Film wurden einige aufwendigere Sequenzen wie eine geplante Luftschlacht aus Kostengründen komplett gestrichen, während eine Idee besonders stark ausgebaut und zu einer zentralen Sequenz wurde: die Flucht aus der Mine mit der Lorenbahn, die damals für ILM zu einer der größten Herausforderungen nach Star Wars wurde.

Mit einer geschickten Kombination aus realen Bluescreen-Aufnahmen und vielen Miniatur-Effekten gehörte die Minen-Achterbahn zu den innovativsten Szenen des Films, die damals noch völlig ohne Computer-Unterstützung realisiert werden mußte. Die Experten von ILM bauten dafür eine richtige Modelleisenbahn, die mit einer modifizierten Spiegelreflexkamera gefilmt wurde - denn wenn eine richtige Filmkamera eingesetzt worden wäre, hätte die Konstruktion fast in Originalgröße gemacht werden müssen. Die Tunnel wurden mit Hilfe von bemalter Aluminiumfolie konstruiert und mußten in gar nicht so zahlreicher Ausfertigung und Länge gebaut werden, denn eine kleine handvoll Strecken wurde mit Hilfe von verschiedener Beleuchtung und anderen Tricks mehrfach gefilmt, wodurch genug Material für eine mehrminütige Sequenz entstand.

Tempelmusik und Jazz

Für die musikalische Untermalung des Films war natürlich wieder John Williams zuständig, der inzwischen zum Hauskomponist von Steven Spielberg und George Lucas geworden war und bisher fast alle ihre Filme vertont hatte. Für Indiana Jones and the Temple of Doom mußte der Komponist fast zum Geräuschemacher werden und eng mit der Soundeffekt-Crew von Ben Burtt zusammenarbeiten, denn die Rituale im Tempel des Todes erforderten eine ganz besondere Hintergrundmusik. Rhythmische Sprechgesänge und exotische Instrumente waren für diesen Teil des Films unerläßlich, aber Williams komponierte auch eine Menge orchestraler Themen, die von vielen ohrwurmverdächtigen Melodien mit oft fernöstlichem Charakter über rasanter Actionbegleitung bis zu atmosphärischer Hintergrundmusik reichten. Natürlich ist auch wieder das Indiana Jones-Thema alias der Raiders March dabei, der allerdings wieder nur im Abspann vollständig zu hören ist und ansonsten nur sparsam als Erkennungsmelodie für den Titelhelden eingesetzt wird.

Auch Indiana Jones and the Temple of Doom hat wie sein Vorgänger eigentlich keine richtige Titelmusik, aber stattdessen so etwas wie einen Titelsong: da der Film direkt mit der imposanten Shownummer beginnen sollte, hatten George Lucas schon sehr früh einen alten Jazz-Standard für diese Szene eingeplant und sich Anything Goes, den Titelsong von Cole Porters gleichnamigen Broadway Musical aus dem Jahr 1934, ausgesucht. In den shanghaier Nachtclubs von 1935 war dieser Song vielleicht wirklich ein großer Hit und angesichts der Örtlichkeit hatten sich die Filmemacher einen Gag ausgedacht, imdem sie Kate Capshaw nur den Titel auf englisch singen ließen und den eigentlichen Text in Mandarin. Das ließ den Song aber nicht so fremd klingen, wie man glauben mochte, denn außer dem etwas fernöstlich klingenden Intro hatte John Williams den Song mit einem fast traditionellen, aber bombastischen Bigband-Arrangement ausgestattet. Zusammen mit der orchestralen Score kann sich so die Filmmusik von The Temple of Doom mühelos gegen ihren Vorgänger behaupten und gehört zu den besten Eigenschaften des Films.

Fortune and Glory

Nach 18 Wochen konnten im September 1983 die Dreharbeiten trotz Harrison Fords Rückenverletzung fünf Tage früher als geplant abgeschlossen werden, aber danach folgten bis zur Premiere im Mai des nächsten Jahres noch etwa sechs Monate Postproduktion, in denen die Special-Effects produziert und einige nachträgliche Filmaufnahmen gemacht wurden. Im Frühjahr 1984 begann eine riesige Werbekampagne, die die Marketing-Abteilung von Lucasfilm auch auf die World Science Fiction Convention führte, wo einige Fotos von den Dreharbeiten und ein kleines Making-Of gezeigt wurden. Als der Film offiziell angekündigt wurde, war der Ansturm so groß, daß die amerikanischen Kinobetreiber einen Vorschuß von 40 Millionen Dollar garantierten und damit Indiana Jones and the Temple of Doom zu einem finanziellen Erfolg machten, noch bevor der erste Meter Film durch die Projektoren gelaufen war.

Erwartungsgemäß entwickelte sich der Film zu einem großen Kassenschlager, auch wenn die Kinozuschauer unterm Strich etwa 30 Millionen weniger als bei Raiders of the Lost Ark locker machten. Diese leichten Umsatzeinbußen wurden offenbar hauptsächlich durch die für die Filmemacher überraschend negativen Reaktionen auf den Film verursacht, mit denen niemand bei Lucasfilm wirklich gerechnet hatte. Die Brutalität und Grausamkeit in der Handlung schockte viele Kinozuschauer, weil der Film nur mit einer PG-Freigabe versehen war und deshalb auch von vielen jüngeren Kindern gesehen wurde, die nicht selten weinend aus den Kinos flohen. Auch die Kritiker bemängelten die Gewalttätigkeit des Films und waren längst nicht so begeistert wie bei Raiders of the Lost Ark. George Lucas und Steven Spielberg hatten sich mit ihrer Zielgruppe völlig verkalkuliert und mußten schon bald eingestehen, daß die Freigabe besonders für die Tempel-Szenen viel zu niedrig angesetzt worden war.

Paramount wurde in den USA so unter Druck gesetzt, daß eine Warnung vor dem Film angebracht werden mußte. Wenige Monate später wurde von der MPAA die neue Freigabestufe PG-13 eingeführt, um die lang von der Filmbranche beantstandete Lücke zwischen PG und R zu schließen. Dem weltweiten Vertrieb half diese Entscheidung aber wenig, denn in Indien wurde der Film wegen der verzerrten Darstellung der Landeskultur kurzerhand verboten, während in England von der Zensurbehörde 25 Schnitte gemacht wurden um eine PG-Freigabe zu erreichen. In Deutschland wurde Indiana Jones und der Tempel des Todes zwar mit der Übersetzung des ursprünglichen Titels ausgestattet und ungekürzt vorgeführt, war aber erst ab 16 Jahren freigegeben.

Der richtige Indy im falschen Film

Indiana Jones and the Temple of Doom ist eigentlich ein sorgfältig inszenierter und sehr spektakulärer Actionfilm, der jedoch durch die Horror-Elemente viel von der spielerischen Unschuld seines Vorgängers verloren hat und hauptsächlich an seinem Inhalt leidet. Die düstere, bedrohliche Stimmung kann auch der manchmal aufgesetzt wirkende Humor nicht mehr richtig ausgleichen, denn die völlig humorlose, über zwanzig Minuten lange Sequenz des Opferrituals und die darauffolgenden Szenen mit den versklavten Kindern hängen wie ein schwarzer Mantel über der Geschichte, bei der den Zuschauern schnell das Lachen im Halse stecken bleibt. Die bei Raiders of the Lost Ark noch richtig stimmige Mischung aus Fantasy, Action und Humor ist deutlich aus der Balance geraten.

Wer The Temple of Doom aber trotzdem noch zu einem waschechten Indiana Jones-Abenteuer gemacht hatte, war natürlich Hauptdarsteller Harrison Ford, ohne den der Film nur ein gut inszeniertes, aber wenig originelles Actionspektakel gewesen wäre. Dies offenbart auch die größte Schwäche der Geschichte: die völlige Austauschbarkeit ihrer einzelnen Elemente und das Baukasten-Prinzip, mit der die Handlung um die Actionszenen herum konstruiert wurde. Lawrence Kasdan hatte dieses Manko mit seinem cleveren Drehbuch von Raiders of the Lost Ark noch sehr gut verstecken können, aber Gloria Katz und Willard Huyck war dies mit Indiana Jones and the Temple of Doom längst nicht so gut gelungen, wodurch fast der Eindruck enstand, als ob der Titelheld in einem falschen Film gelandet wäre.

Die Schauspieler, die solide Inszenierung von Steven Spielberg und auch die beeindruckenden Special-Effects sorgten trotzdem dafür, daß der Film kein völliger Reinfall wurde, aber selbst die Filmemacher gaben später zu, daß er nicht einer ihrer besten Werke war. Dem Indiana Jones-Franchise schadete dieser Ausrutscher wenig, aber es dauerte noch über ein halbes Jahrzehnt, bis der Mann mit dem Hut wieder ein neues Abenteuer auf der Leinwand erleben sollte - mit dem George Lucas und Steven Spielberg aber die Schwächen ihres vorherigen Films wieder gutmachen konnten.

Die DVD

Gerade als niemand mehr wirklich damit gerechnet hatte, erschien Indiana Jones and the Temple of Doom im Herbst 2003 zusammen mit den anderen beiden Filmen der Trilogie erstmals als DVD und sahen dank der digitalen Restaurationstechniken von Lowry Digital noch nie so gut aus. Ob man die deutsche oder amerikanische DVD-Box wählt, ist bis auf die üblichen technischen Unterschiede wie PAL-Speedup und die zusätzlichen Synchronfassungen eigentlich egal, aber wegen The Temple of Doom sollte man die englische Ausgabe meiden, denn dort ist der Film immer noch leicht geschnitten.

Alles weiteres zu den DVDs in der Review des Boxsets und der Bonus-DVD.
Weitere Filme der Trilogie: Raiders of the Lost Ark | The Last Crusade

Cover

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Bild

Auch Indiana Jones and the Temple of Doom wurde für die DVD-Veröffentlichung zusammen mit den anderen zwei Filmen der Trilogie von Lowry Digital aufwendig restauriert. Obwohl das Filmmaterial nicht ganz so stark mitgenommen war wie bei Raiders of the Lost Ark, war trotzdem eine Menge Arbeit nötig um den Film wieder auf Hochglanz zu polieren - was auch hervorragend gelungen ist.

Die Filmvorlage wurde so gründlich gesäubert, daß keine Kratzer, Fussel oder andere Dropouts mehr zu sehen sind - lediglich während des Paramount-Logos ist noch ein ganz schwacher Schatten eines herausretuschierten Laufstreifens zu sehen, der aber nur bei genauer Betrachtung überhaupt auffällt. Die Körnigkeit wurde teilweise mit den typische Lowry-Filtern entfernt, wobei ein leichter, ganz normaler Rest immer noch sichtbar ist. Dadurch macht das Bild einen völlig natürlichen und filmähnlichen Eindruck und wirkt überhaupt nicht wie ein totgefiltertes digitales Master.

Die Schärfe wurde mit den speziell entwickelten Filtern von Lowry Digital optimiert, die keine unangenehmen Nebenwirkungen hinterlassen haben und auch nicht zu übereifrig waren. So ist die enorm hohe Detailtreue noch ein klein wenig besser als bei Raiders of the Lost Ark, lediglich während des Vorspanns und einigen Special-Effects-Sequenzen sieht das Bild wegen den optisch zusammenkopierten Elementen etwas weicher aus. Der Bildstand ist fast durchgängig stabil und gerät nur in wenigen kurzen Inserts ganz leicht ins Schwanken.

Eine richtige Offenbarung sind die Farben, die in den früheren VHS- und Laserdisc-Versionen immer von furchtbarem Rauschen geplagt wurden und nun erstmals glasklar zu sehen sind. insbesonders die vielen Rottöne profitieren ganz besonders von dem digitalen Medium und der neuen Abtastung - da, wo früher nur noch ein verschwommener Matsch den Film verschleierte, ist nun ein farbenfrohes, detailreiches Bild zu sehen, das geradezu durch die Mattscheibe zu springen scheint.

Genauso wie Raiders of the Lost Ark macht Indiana Jones and the Temple of Doom auf der neuen DVD einen hervorragenden Eindruck und läßt kaum etwas vom wirklichen Alter des Films erkennen, ohne dabei technisch verunstaltet worden zu sein.

Ton

Die englische Tonspur wurde wie bei den anderen beiden Filmen der Indiana Jones-Trilogie auf der Basis der zur Filmpremiere gemischten 70mm-6-Track-Master erstellt und nur geringfügig angepaßt. Das Resultat ist eine hervorragend klingende Tonspur, deren Abmischung wie aus einem Guß gemacht klingt und sich gegenüber Raiders of the Lost Ark noch ein klein wenig frischer und moderner anhört.

Zu Beginn des Films gibt sich die Soundtrack von The Temple of Doom schon sehr verspielt, denn die Musiknummer bietet nicht nur eine erstklassig abgemischte Filmscore, die sich über alle Lautsprecher weit verteilt, sondern auch schon ein paar Surroundeffekte, die sich nahtlos in die Abmischung einfügen. Die Dialoge beschränken sich nicht nur auf den Center, sondern wurden gelegentlich auch direktional abgemischt. In den Actionszenen werden die Rearkanäle oft und gerne für Effekte aller Art verwendet und kommen auch in ruhigeren Szenen oft für Umgebungsgeräusche zum Einsatz. Dynamik und Frequenzumfang entsprechen fast dem eines nagelneuen Films, und sonstige klangliche Anomalien sind hier auch kein Problem.

Die französischen und spanischen Tonspuren klingen als 2.0-Surround-Spuren nicht so schlecht, bleiben aber erwartungsgemäß hinter der englischen 5.1-Version her - das gleiche Schicksal dürfte auch die deutsche Fassung auf der RC2-DVD ereilt haben.

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